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30 / 6 / 2016

Die Liebe zu Egidien

Ulrike Heß hebt verborgene Schätze des Egidienviertels

Ulrike Heß hebt den unscheinbaren Schlüssel so stolz und vorsichtig wie eine zerbrechliche Kostbarkeit. Die er auch ist: Der Schlüssel öffnet die Tür zur Landauerkapelle – einem der „verschwiegenen Plätze und versteckten Schätze“, die sie in ihrer neuen Führung durch das Egidienviertel vorstellt.

Eine Kopie von Albrecht Dürers sogenanntem "Landauer Altar" in der früheren Hauskapelle des Landauerschen Zwölfbrüderhauses.

Eine Kopie von Albrecht Dürers sogenanntem „Landauer Altar“ in der früheren Hauskapelle des Landauerschen Zwölfbrüderhauses. Sie wurde von Helmut Weigand angefertigt, einem Lehrer des Willstätter Gymnasiums.

Aber kann das denn jeder, eine „eigene“ Führung anbieten – noch dazu mit Anbindung an die Museen der Stadt? „Jeder darf sein Interesse bekunden“, sagt Ulrike Berninger, die Leiterin des Museums Tucherschloss und Hirsvogelsaal. Ob das Konzept inhaltlich passend und qualitativ tragfähig ist, zeigt sich dann im Gespräch. Bei Ulrike Heß habe „von Anfang an alles gestimmt“. Vielleicht, weil Kunst ihr Steckenpferd ist und sie so gut vorbereitet war: „Ich habe tagelang in der Bibliothek des Germanischen Nationalmuseums gesessen und mich eingelesen – und wusste, das ist die Idee.“

Der Eingang zu den Kapellen von St. Egidien.

Der Eingang zu den Kapellen von St. Egidien.

Vom Museum Tucherschloss geht’s in sechs Stationen bis zum Stadtmuseum Fembohaus. Dabei stehen die Geschichte des Tucherschlosses, die Handwerkerhäuser der Sieben Zeilen, die Landauerkapelle und das zerstörte Landauersche Zwölfbrüderhaus als eine der letzten großen Wohltätigkeitsstiftungen vor der Reformation auf dem Programm. Es folgen die Egidienkirche – als ehemals erste Kirche in Nürnberg und nach einem Brand als einzige Barockkirche der Stadt wiederaufgebaut – mit dem berühmten Epitaph von Adam Kraft in der Tetzel-Kapelle, dann das Melanchthon-Denkmal und das Pellerhaus. Den Abschluss bildet das Stadtmuseum Fembohaus, in dem das prunkvolle „Schöne Zimmer“ aus dem Pellerhaus mit Deckengemälde und Vertäfelung zu sehen ist.

Wenn Ulrike Heß erzählt, taucht sie sofort in ihr Thema ein. Erzählt beispielsweise von Melanchthon und dem ersten städtischen – bis dahin gab es nur kirchliche Schulen – Gymnasium in Nürnberg, zückt die Mappe mit ihren Führungs-Unterlagen und zitiert den großen Humanisten: „Für die Städte sind nicht Bollwerke oder Mauern zuverlässige Schutzwälle, es sind die Bürger, die sich durch Bildung, Klugheit und andere gute Eigenschaften auszeichnen.“

Ulrike Hess vor dem von Adam Kraft gefertigten Sandsteinepitaph für Markus Landauer. Bildnachweis: privat

Ulrike Hess vor dem von Adam Kraft gefertigten Sandsteinepitaph für Markus Landauer. Bildnachweis: privat

Dass sich die gebürtige Nürnbergerin so für ihr Thema begeistert, hat vielleicht damit zu tun, dass sie viele Jahre in der Fremde war. Nach dem Abitur ging Ulrike Heß zum Studium („Nürnberg war so spießig damals.“) nach München, als Volksschullehrerin lebte sie in Ingolstadt, in Kronach und erneut in München. Im Ruhestand ist sie wieder in ihre Heimatstadt zurückgekehrt. „Es ist viel passiert in der Stadt, auch kulturell – Nürnberg ist wirklich lebenswert“, lobt sie. „Und das Bodenständige der Nürnberger, das hat schon was.“

Totenschilder in der Tetzel-Kapelle. Bildnachweis: Theo Noll

Totenschilder in der Tetzel-Kapelle. Bildnachweis: Theo Noll

Sie sieht die Stadt nun mit anderen Augen, geschichtsbewusster und kunstverständig. Ihr Interesse an Kunst erwachte in Kronach mit Lucas Cranach, dem bekannten Maler und berühmtesten Sohn der oberfränkischen Stadt. So kam sie in Kontakt mit dem Germanischen Nationalmuseum, absolvierte dort die anspruchsvolle Ausbildung zur ehrenamtlichen Führerin und war – Notwendigkeit und Vergnügen zugleich – mit Stadtgeschichte konfrontiert. Sie ließ sich darauf ein, engagierte sich 2014 im Rahmen der Luther-Dekade für „Reformation und Politik“ und suchte dann eine neue Herausforderung.

Die Christusfigur an der Decke der Landauerkapelle.

Die Christusfigur an der Decke der Landauerkapelle.

Ein Glück, dass sie Thomas Schauerte kennenlernte. Der Leiter des Albrecht-Dürer-Hauses und des Stadtmuseum Fembohaus schlug die Führung durchs Egidienviertel vor und vermittelte den Kontakt zu Ulrike Berninger. Die Museumsleiterin schwärmt, wie sehr Ulrike Heß mit ihrer Führung einen Nerv getroffen hat: „Wir befeuern damit die Belebung des Egidienviertels auch institutionell.“

Die Führungen von Ulrike Heß dauern anderthalb bis zwei Stunden („Mit den Nürnbergern, habe ich gemerkt, muss ich über das Pellerhaus diskutieren!“) und finden – bis Mitte September – jeweils  Donnerstag um 14 Uhr statt. Start ist am Museum Tucherschloss und Hirsvogelsaal.

Informationen zur Führung „Verschwiegene Plätze, versteckte Schätze“

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