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7 / 2 / 2022

In eigenen Worten

Die Künstlerin Jo Niklaus über ihre Werke

Noch bis Mitte April ist im Albrecht-Dürer-Haus eine Ausstellung zu den Dürer-Paraphrasen von Jo Niklaus zu sehen. Die mit hoher Präzision angefertigten Kunstwerke aus der Schnittmenge zwischen Phantastischem Realismus und Trompe-l’œil-Malerei knöpfen sich, häufig mit einem Augenzwinkern, Originalwerke des großen Nürnberger Meisters vor und setzen sie in einen neuen und oftmals unerwarteten Kontext. Aber Stopp: Wer ist eigentlich Jo Niklaus, die Künstlerin hinter diesen Gemälden – und was hat sie uns über diese zu sagen?

Szenen eines Künstlerlebens

Jo Niklaus wurde 1941 in Münsterber in Schlesien geboren und kam nach dem Krieg als Vertriebene nach Nürnberg. Sie war lange Zeit im graphischen Gewerbe tätig, unter anderem als Tiefdruckretuscheurin und Lithographin. In den 1960er Jahren lernte sie ihren späteren Ehemann kennen, den Künstler Hans Niklaus (1934-2013). Gemeinsam nahmen die beiden Unterricht bei Georg Weidenbacher – Maler und Graphiker sowie Mitbegründer der Nürnberger Künstlergruppe Der Kreis. Nach ihrer Heirat im Jahr 1966 fassten Jo und Hans Niklaus schließlich den Entschluss, sich eine neue Existenz als Künstlerpaar aufzubauen. Bis zum Tod ihres Ehemanns war das gemeinsame Arbeiten und Ausstellen dann auch ein zentraler Bestandteil ihres Lebens.

Jo Niklaus: Selbst, 2020.

Ihren ganz eigenen Stil entwickelte Jo Niklaus bereits in den 1970er und 1980er Jahren. Zu dieser Zeit hatte sie damit begonnen, in Museen altmeisterliche Tafelgemälde zu kopieren – unter anderem im Germanischen Nationalmuseum, der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe und im Städel Museum in Frankfurt am Main. Sie fand Gefallen an der herausfordernden Tätigkeit, die ihr ein hohes Maß an Präzision und Sorgfalt abverlangte. Dadurch wand sie sich fast folgerichtig der Trompe-l’œil-Malerei zu, bei der eben diese beiden Fähigkeiten besonders gefordert sind. 1991 schließlich wurde sie freischaffende Künstlerin und begann 1993 in loser Folge mit ihren Dürer-Paraphrasen.

Kommentare der Künstlerin zu ausgewählten Werken

Bis heute sind 21 Arbeiten entstanden, in denen sich Jo Niklaus mit den Werken Albrecht Dürers auseinandersetzt. Neben Adaptionen von solch herausragenden Gemälden und Stichen wie „Melancholia I“ oder dem „Selbstbildnis mit Landschaft“ finden sich darunter auch viele Arbeiten zu eher unbekannten Werken wie dem „Meerwunder“, die allesamt mit einer Vielzahl an detailreichen und witzigen Anspielungen aufwarten können. Aber wie genau kommt Jo Niklaus eigentlich auf die ganzen großen und kleinen Ideen, die sich in ihren Dürer-Paraphrasen verstecken? Nun, das erklärt uns die Künstlerin anhand von drei ausgewählten Werken am besten gleich selbst:

Bildnisprobe

Jo Niklaus: Bildnisprobe – Elsbeth Tucher, 1993.

„Als sich Niclas und Elsbeth Tucher von Albrecht Dürer porträtieren ließen, hatte der Mann im Diptychon stets links seinen Platz, die Frau rechts den ihren. Das war so üblich. Als ich mich mit dem delikat gemalten Bildnis der Elsbeth Tucher beschäftigte, dachte ich, wie es wäre, wenn sie freundlich auf den Betrachter blickte. Am besten ließe sich das in einer nahezu gekonterten Arbeit umsetzen. Bei flüchtiger Betrachtung sind beide Bilder stimmig, auf den zweiten Blick fallen Brüche in der Konstruktion auf, die gewollt sind, in der Realität jedoch nicht vorkommen.“


Paradies

Jo Niklaus: Paradies, 2008 (Tafeln geschlossen).

„Der Kupferstich ‚Adam und Eva‘ stand hier Pate für mein Paradies, d.h. für die Außenteile. Beide Figuren, in Grisaille gemalt, stehen vor neutralem Hintergrund, das erhöht den ‚Türeneffekt‘. Der äußere Rahmen besteht aus bemalten Holzleisten, der innere rahmt die Figuren ein und ist zum Bild gehörend. Das Besondere an diesem Triptychon ist, dass die aufklappbaren Tafeln nur jeweils eine MDF-Platte als Bildträger haben. Sie sind vorn und hinten mit Leinwand bespannt, sind also beidseitig bemalt. Adam und Eva sind in Öl, das aufgeklappte Paradies ist in Acryl gemalt, ungewöhnlich und abweichend von meiner sonst üblichen Arbeitsweise. Vom Paradies selbst ist nicht mehr viel übrig und sollte die Wissenschaft irgendwann alles wiederherstellen wollen, gelingt es nicht mit schadhafter DNA.“

Jo Niklaus: Paradies, 2008 (Tafeln geöffnet).


Das Meerwunder

Jo Niklaus: Das Meerwunder, 2018.

„Welcher Sage man den Kupferstich zuordnen kann, ist bisher nicht belegt. Jedenfalls raubt ein Seeungeheuer eine junge Frau – in meinem Meerwunder findet kein Raub statt. Das ‚Meerungeheuer‘ und die ‚Entführte‘ scheinen in Harmonie auf eine stürmische Liebesnacht zuzusteuern. Die unteren Wellen sind bereits zu Wolken geworden, darunter die Trauminseln der Malediven. Das im Kupferstich mit Gewalt verknüpfte Vorgehen verkehrt sich hier zu einer einträchtigen Zweisamkeit.“


Wer mehr über Jo Niklaus‘ Dürer-Paraphrasen erfahren möchte, der sollte sich schon einmal den 13. März vormerken. Dann führt die Künstlerin nämlich persönlich durch ihre Ausstellung im Albrecht-Dürer-Haus und gibt weitere Einblicke zu ihren Kunstwerken. Außerdem ist ein von der Künstlerin herausgegebener Katalog zur Ausstellung an der Museumskasse erhältlich.

Ausstellung „Reflexionen zu Dürer“

Informationen zu Jo und Hans Niklaus

 

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