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7 / 10 / 2020

Ziemlich beste Freunde

Games& Festival untersucht, wie wir mit Tamagotchis und anderen virtuellen Gefährten in Beziehung treten

Was sagt der Hang zum digitalen Haustier eigentlich über uns Menschen aus? Diese Frage will die Medienwissenschaftlerin Tabitha Nowak unbedingt stellen in ihrem Talk „Tamagotchis & Companionship“. Zusammen mit weiteren interessanten Vorträgen und vielen Spielangeboten bereichert er das Games& Festival, das vom 10. bis 18. Oktober stattfindet und vom Haus des Spiels und dem Medienzentrum Parabol ausgerichtet wird.

Aber zurück zum Tamagotchi. Mitte der 1990er Jahre löste das eiförmige Elektronikspielzeug aus Japan einen wahren Hype aus: Das virtuelle Küken musste von seinem Besitzer gefüttert, getränkt und liebkost werden – sonst verkümmerte es und starb. So manch eine/r, der das Tamagotchi hegte, entwickelte bald eine innige Beziehung.

Darin kann, wer will, eine Pervertierung sehen. Für Tabitha Nowak, die sich auf Kinder- und Jugendmedien spezialisiert hat, sind die virtuellen Gefährten ein interessantes Forschungsgebiet. Kein neues übrigens: Seit Mitte der 1950er Jahren stellten US-Psychiater fest, dass Zuhörer zu Nachrichtenmoderatoren eine persönliche Bindung fühlten. „Das spielt sich in der Phantasie ab. Wir sprechen von einer para-sozialen Bindung, denn sie ist einseitig“, sagt Nowak. Das Gegenüber kann der Lieblingsfußballer sein, Prinzessin Diana oder auch eine literarische Figur wie Sherlock Holmes oder Pipi Langstrumpf.
Talk „Tamagotchis & Companionship“

Roboterhund Aibo merkt sich, wer gut zu ihm ist

Das sind – immerhin – noch Menschen. Was ändert sich, wenn statt Menschen technische Wesen zu Gefährten werden? Wenig, sagt die Medienwissenschaftlerin. Immerhin haben Spielzeuge wie das Tamagotchi mit Augen und Mund menschenähnliche Züge, der Roboterhund Aibo besitzt bewegliche Ohren, kullernde Augen und eine neugierige Schnauze. „Er kann Gesichtsausdrücke erkennen und merkt sich, wer gut zu ihm ist“, berichtet Nowak. Bleiben die Streicheleinheiten aus, verweigert Aibo die Interaktion. Das hochentwickelte Spielzeug kostet ab 3000 Euro aufwärts… Aber es geht auch günstiger. Girlfriend-Apps, die eine virtuelle Freundin bereitstellen, beispielsweise sind sehr beliebt bei jungen Männern.

Anders gestrickt sind Apps wie das beliebte Zepeto oder das Online-Fossil „Second Life“, in denen die eigene virtuelle Person auf die Avatare anderer Spieler treffen. „Da findet echter Kontakt statt“, sagt Tabitha Nowak – anders als bei den virtuellen Companions. Schlimm? Keinesfalls, urteilt die Medienwissenschaftlerin: „Auch eine para-soziale Beziehung kann eine Bereicherung sein.“ Selbst Menschen mit ausgeprägtem Sozialleben finden Gefallen an einem elektronischen Haustier. Problematisch allerdings werde es für Spieler, die ausschließlich digitale Freunde haben oder sich in digitalen Welten verlieren.

Games& Festival: „Der Weg ist das Spiel“

Das Wissen um das Spielen und die Spieler, neue und alte Spielkonzepte, digitale Welten und analoges Cosplay – all das vereint das Games& Festival, das vom 10. bis 18. Oktober in Nürnberg und dem Netz stattfindet. „Der Weg ist das Spiel“, scherzt Sebastian Pfaller, Mitarbeiter des Deutschen Spielearchivs. Er hat das Festival zusammen mit Veit Hartung vom Medienzentrum Parabol organisiert – unter schwierigen Corona-Bedingungen.

Trotzdem ist es den Machern gelungen, gemeinsam mit vielen Kooperationspartnern aus der Region ein vielfältiges Programm zusammenzustellen. Das Beste daran? Sebastian Pfaller tut sich schon schwer, drei Highlights zu benennen – so viele interessante Workshops und Veranstaltungen gibt es. Nur zum Beispiel den Showmaster-Auftritt in der Luise: Der Showmaster spielt live ein Computerspiel und kommentiert, vor allem aber intonieren Musiker live das Geschehen auf dem Schirm. Oder das Game-Theatre, bei dem ein interaktives Theaterspiel entsteht und am 18. Oktober vor Publikum aufgeführt wird. Der Clou: Das Publikum kann sich einschalten und eigene Ideen einbringen.

Sebastian Pfaller erklärt auch, warum die Faszination Cosplay einen eigenen Foto-Workshop verdient: „Die Pose gehört zum Cosplay wie die Kostüme!“ Wie man sich gut in Szene setzt, wie mit einfachen Tricks gute Bilder entstehen – das erläutert Stefan Fries, der an der Technischen Hochschule Nürnberg unterrichtet. Und dann dürfen die Cosplayer im Hof des Pellerhauses und in der Egidienkirche ernst machen.

Die Festival-Macher stellen ihr Konzept den Medien vor. Foto: Nia Kolmstetter

Festival-Woche bringt Spiel-Akteure der Region zusammen

Wie es dazu kam? „In der Region gibt es viele Initiativen, Gruppen und Organisationen, aber auch städtische Einrichtungen, die in Richtung Spielen und Gaming aktiv sind. Die wollten wir zusammenführen“, berichtet Sebastian Pfaller. Jetzt sind unter anderem die ComputerSpielAkademie beteiligt, die Kawiichi-Cosplayer, das Spielmobil und das Museum für Kommunikation. Man tauscht sich über japanische Popkultur aus und kann in einem Workshop Programmieren lernen und vieles mehr.

Interessiert? Zum Programm geht es hier
gamesandfestival.de
und online spielen kann man unter
https://discord.gg/DAVVbGj

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