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30 / 6 / 2023

Der Zündapp Volkswagen

Der Urahn des „Käfers“

Die Anfänge des Volkswagens

Er symbolisierte den wirtschaftlichen Aufschwung der 1950er Jahre, er war des Wirtschaftswunders liebstes Kind. Er hat die Deutschen mobil gemacht und er hat die große Reisewelle jenes Jahrzehntes ausgelöst. Die Rede ist vom Volkswagen Käfer, dem Auto schlechthin, in seiner Zeit das weltweit meist gebaute. Doch wie fing das alles an?

Nachdem das Fahrrad seine Rolle als erstes individuelles Massenverkehrsmittel mit Erfolg gespielt hatte, folgten in den 1920er Jahren zahlreiche Bestrebungen, das Volk auf zwei Rädern zu motorisieren. Damals baute z.B. der Nürnberger Motorradhersteller Zündapp – und etliche andere taten das natürlich auch – ein kleines kostengünstigeres Motorrad „für Jedermann“. Diese Massenmotorisierung auf zwei Rädern ließ sich in den 1920er Jahren recht erfolgreich an.
Die Geschichte des „Motorrads für Jedermann“ auf Google Arts & Culture

Doch irgendwann sollten es dann doch vier Räder sein. Erste Versuche, erwähnt sei hier das berühmte „Komissbrot“ von Ford Hanomag, zielten auf die Herstellung billiger und technisch einfacher Kleinwagen ab.

Porsche und Zündapp

Ferdinand Porsche (1875-1951), Deutschlands innovativster und renommiertester Kraftfahrzeugkonstrukteur in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, hatte eine etwas andere Idee: Klein, aber technisch fein und dennoch kostengünstig sollte ein Vehikel zur Volksmotorisierung sein.

Diese Idee fand Anklang beim Zündapp-Chef Hans-Friedrich Neumeyer (1903-1973), der schon lange ein Fan der Volksautoidee war. Was lag näher, als Ferdinand Porsche mit einer entsprechenden Entwicklung zu beauftragen? Porsche machte sich also an sein „Projekt Nr. 12“, den Zündapp Volkswagen: Drei Prototypen wurden 1932 gebaut. Rundliche Form und Heckmotor waren dabei durchaus „Käfertypische“ Merkmale.

Allerdings tauchten auch bald Probleme auf: So kochte bei Probefahrten das Öl in den Fünfzylinder-Sternmotoren, die von Zündapp gegen den Wunsch Porsches entwickelt und eingebaut worden waren. Porsche hatte sich bereits damals für einen Vierzylinder-Boxer stark gemacht. Andere Probleme, wie beispielweise der gigantische Aufwand einer Karosserieproduktion für einen Motorradhersteller, kamen dazu. Das Projekt wurde eingestellt, und Zündapp widmete sich wieder ganz dem Motorradbau.

Aufgegriffen, aber (noch) nicht realisiert, hatte die Idee der Volksmotorisierung schließlich Adolf Hitler. Allerdings wurden kaum zivile KdF-Wagen ausgeliefert, vielmehr wurde der Kübelwagen für den Krieg benötigt.

Es bleibt die faszinierende Frage: Was wäre anders geworden, wenn der Volkswagen in Nürnberg gebaut worden wäre? Ohne Zweifel hätte dies enorme Auswirkungen auf die Stadtgeschichte gehabt. So allerdings blieb wenig übrig vom Zündapp Volkswagen, selbst die drei Prototypen wurden nachweislich verschrottet bzw. sind im Zweiten Weltkrieg vernichtet worden.

Nach alten Plänen und einigen historischen Fotografien wurde ein Modell des Nürnberger Käfer-Urahns gebaut, das heute als absoluter Unikat im Museum Industriekultur zu sehen ist. Erst die 1950er Jahre brachten der Welt den Käfer und mit Blick auf das zu Anfang geschilderte „Phänomen Volkswagen“ schließt sich der Kreis.

Aufgrund von Sanierungs- und Umbauarbeiten hat das Museum Industriekultur bis Ende 2025 geschlossen. Dabei wird auch die Dauerausstellung erneuert. In der Zwischenzeit können Sie das Museum mit virtuellen Ausstellungen, digitalen Rundgängen und anderen Online-Angeboten erkunden:
Museum Industriekultur digital


Matthias Murko war ab 1981 Mitglied der „Projektgruppe Industriekultur“, ab 1988 wissenschaftlicher Mitarbeiter und von 1996 bis 2018 Leiter des Museums Industriekultur.

 

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Titelbild: Das Modell des Nürnberger Käfer-Urahns im Museum Industriekultur. Die historischen Fotos zeigen den Porsche Typ 12 (Zündapp Volkswagen), vor der Porsche-Villa in Stuttgart, um 1932. Bildnachweis: Archiv Sengfelder

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2 Kommentare zu “Der Zündapp Volkswagen

  • M. S.
    1 / 7 / 2023 | 1:42

    „„Komissbrot“ von Ford“ ?
    Hanomag war´s 😉

    • Matthias Murko
      9 / 7 / 2023 | 13:43

      Danke für den Hinweis, der Text ist entsprechend geändert!

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