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16 / 3 / 2016

Mit 20 Pfund Butter ins Heilige Land

Fest- und Esskultur der Renaissance

Ob Low Carb, High Carb, Low Fat, Vegan, Raw, Paleo oder Flexi – die Vielfalt der Ernährungsformen ist heutzutage fast unüberschaubar. Ob man abnehmen, sich gesünder ernähren oder einfach nur mal was anderes ausprobieren möchte – für jeden findet sich das passende Food-Konzept, philosophischer Überbau inklusive. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts haben wir die Wahl: Südfrüchte oder Regionales, Fleisch aus Massenbetrieben oder von auf Weideland glücklich wandelndem Vieh, die Vielfalt ist auch hier fast grenzenlos.

Doch wie war das vor 500 Jahren? Was aß man in Spätmittelalter und Renaissance zu welchen Gelegenheiten? Die Feierkultur steht auch immer in engem Zusammenhang mit der geselligen Nahrungsaufnahme – man denke nur an heute spezifische Silvesterfeierspeisen wie Fondue – das war auch in früheren Zeiten nicht anders. Diesen Themen widmet sich eine neue Führung im Museum Tucherschloss.

Pilgerfahrt mit Huhn

Nach einer kurzen Einführung zum Tucherschloss und seinem Erbauerehepaar – was natürlich nicht fehlen darf – erzählte die Führungsleiterin des Kunst- und Kulturpädagogischen Zentrums der Museen in Nürnberg, Erika Wirth, in der Schatzkammer Interessantes über die Ernährung von Pilgern, das uns heute durch den Pilgerbericht Hans VI. Tucher überliefert ist: was man für die Schiffsreise übers Mittelmeer gen Jerusalem einpacken sollte (empfohlen waren unter anderem 20 Pfund Butter und vier bis fünf lebende Hühner), und ob es auf der Reise „all inclusive“-Angebote gab (ja!).

Statussymbol Essen

Im 1. Stock gab es Spannendes über den Repräsentationswillen der patrizischen Bewohner des Tucherschlosses zu erfahren: Nicht nur die wertvollen Möbel, sondern auch Essen diente dem Ausdruck von finanziellen Möglichkeiten. Vor allem Fleisch wurde schon in der Renaissance oft und gerne gegessen und Rindfleisch gehörte zu den teuren Lebensmitteln. Nicht nur heute hat das Schlachtvieh manchmal lange Wege: Schon damals erreichten ganze Rindertrecks aus Böhmen und Ungarn die Reichsstadt.

Typisch „fränkische Küche“ damals?

Auch durch die Entdeckung Amerikas veränderte sich der Speiseplan erheblich. Vor allem Tomaten und Tabak konnten nun auch hier genossen werden – nicht jedoch die Kartoffel: Diese setzte sich erst im 17. und 18. Jahrhundert in Deutschland durch, in den preußischen Gebieten vor allem durch den Kartoffelbefehl Friedrichs II. Heutzutage ist die fränkische Küche ohne signifikant-obligaten „Gloos“ und „Grumbernsolod“ unvorstellbar!

Die vielen Gewürze, die in Nürnberg durch den Fernhandel der ansässigen Kaufleute zu haben waren – und allesamt als sehr förderlich für die Verdauung angesehen wurden – fanden sich gemeinsam mit Honig zu einer typischen Nürnberger Speise zusammen: dem Lebkuchen. Durch seine vielen gesundheitsfördernden Bestandteile können wir uns nun schon jetzt guten Gewissens wieder auf die Weihnachtszeit freuen.

Hochzeit ohne Suppe

Bei einem kurzen Abstecher in den Festsaal im zweiten Stock berichtete Frau Wirth von der patrizischen Feierkultur bei Hochzeiten. Speisenfolge und -umfang waren bei einer solchen Feier beeindruckend und erinnern an Überlieferungen römischer Festivitäten: Fleisch, gefüllt mit Fleisch, an Fleisch. Dazu Fleisch.

Zum Abschluss durften alle Führungsteilnehmer eine kleine renaissancezeitliche Spezialität verkosten: Feigen, Datteln, Ingwer und kandierte Bitterorangen kamen bei allen sehr gut an!

Informationen zur Führung „Höchst köstlich!“

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