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5 / 2 / 2024

Das Nürnberger Volksfest im Modell

Von der Passion des Schaustellers Moritz Loos

Auf einem sandigen Gelände zwischen Regensburger Straße und Tullnau, der sogenannten Peterheide – später umbenannt in Ludwigsfeld – fand am 25. August 1826 das erste Nürnberger Volksfest statt. Anlass war der Geburts- und Namenstag König Ludwigs I., der sich gerade in der Stadt aufhielt. Im Lauf der Jahre fand das Volksfest mit Unterbrechungen an wechselnden Orten statt, auf dem Maxfeld, dem Plärrer und dann wieder auf dem Ludwigsfeld. 1919, kurz nach dem Ersten Weltkrieg, richtete der Süddeutsche Schaustellerverband das Fest schließlich auf der Deutschherrnwiese aus. Erstmals kam in diesem Jahr zur Osterzeit das Frühlingsfest hinzu.

Peter Carl Geißler: Das Volksfest auf der Peterheide. König Ludwig I. von Bayern und Königin Caroline werden auf der Ehrentribüne vom Bürgermeister empfangen (25. August 1833). Bildnachweis: Museen der Stadt Nürnberg, Grafische Sammlung

Der Zweite Weltkrieg unterbrach die langjährige Tradition des Nürnberger Volksfestes. Nach einigen Festen an unterschiedlichen Plätzen, folgte 1947 an der Fürther Straße das größte Volksfest in der Westzone. Bis 1953 blieb es an diesem Ort und wuchs kontinuierlich. Als dann das Areal von Schickedanz zur Errichtung eines Warenhauses erworben wurde, folgte die Verlegung des Festes an den Dutzendteich.

Moritz Loos

Einer von vielen Schaustellern, die das Volksfest seit seiner Gründung beschickten, war Moritz Loos. Er stammte aus einer Schaustellerfamilie und betrieb zusammen mit seinem Vater ein Dampfkarussell. Im Jahr 1919 erlitt er an seinem Fahrgeschäft einen tragischen Unfall. Zehen und Fersenbein eines Fußes wurden zertrümmert, als er im Stiftenkranz eines Antriebes hängen blieb. Danach konnte er den Schaustellerberuf, der mit harter körperlicher Arbeit verbunden war, nicht mehr ausüben.

Volksfest-Modelle als Passion

Moritz Loos, der offensichtlich ein findiger Modellbauer war, blieb der Schaustellerei trotzdem weiterhin verbunden. 1936 begann er damit, die Schaustellergeschäfte des Nürnberger Volksfestparks detailgetreu im Modell (Maßstab 1:10) nachzubauen. Daraus wurde eine lebenslange Passion, die mehr als 50 Jahre andauerte.

An Modellen entstanden Kettenkarussell, Planetenbahn, Riesenrad, Schiffschaukel und vieles andere mehr, und sie fanden noch zu Moritz Loos‘ Lebzeiten Anerkennung. Er wurde als Hobbybastler ausgezeichnet und gewann 1982 eine Reise nach Disney-Land. Aus Angst vor dem Fliegen tauschte er den Preis für eine Reise nach Wien – anschließend baute er das Riesenrad des Praters nach…

Modelle kommen ins Museum Industriekultur

Nach seinem Tod verkaufte sein Sohn die Modelle an Heinz Metz vom Schaustellerverband Nürnberg. Er tat dies unter der Bedingung, dass die Modelle in Nürnberg verbleiben sollen. Nicht zuletzt deshalb konnte das Museum Industriekultur im Jahr 2001 das Ensemble erwerben.

Moritz Loos hatte für seine Modelle ausschließlich die Technik und das Material aus dem alltäglichen Leben verwendet. Modellbaugeschäfte waren damals unbekannt. Dinge wie Waschmaschinenmotoren, Stuhlbeine und die Glühbirne aus der Nachttischlampe fanden Verwendung, die elektrische Verdrahtung war einfach und damit gefährlich. Aus Sicherheitsgründen waren deshalb sämtliche Modelle nicht vorführbar in einem öffentlichen Museum.

Ehrenamtlicher Einsatz für die Volksfestmodelle

Das Loos‘sche Volksfest fand auch im Museum Industriekultur wieder seine Liebhaber: Gemeinsam mit den Museumstechnikern hat Wolfgang Volk, ein Spezialist und Elektrotechniker im Ruhestand, in ehrenamtlicher Arbeit alle Modelle behutsam mit moderner Technik ausgestattet, ohne dabei die Optik und Substanz zu verändern. Dadurch konnten sie – musikalisch untermalt – im Museum betrieben werden und wurden für ihren regelmäßigen Einsatz auch gewartet.

Für den Umzug der Museumsobjekte wird nun auch das Volksfest, wie Tausende andere Ausstellungsstücke, behutsam verpackt und im Depot gelagert. Denn im Zuge einer Modernisierung der Brandschutzanlage und anderer baulicher Maßnahmen zur Sanierung des Gebäudes wird auch die Dauerausstellung des Museums Industriekultur erneuert. Aus diesem Grund ist das Museum bis 2025 geschlossen und muss derzeit erst einmal geleert werden. Das heißt, das Museum zieht, bis auf wenige Objekte, komplett aus! Wir wollen – trotz oder wegen der Schließung – einige besondere Stücke aus der Sammlung vorstellen.

Informationen und Fotos zum Verlauf des Umbaus finden Sie im
(Um)Bau-Tagebuch

 

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