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31 / 1 / 2020

Mit der Stadt spielen

Wie Nürnberg zur Kulisse für Spiele und Gegenstand von Zukunftsentwürfen wird

Stadt und Spiel, das gehört zusammen wie A und O. Für die Ausstellung „Playing the City – Nürnberg im Spiel“ haben angehende Studierende der Medienwissenschaften an der Universität Erlangen-Nürnberg ausgelotet, wo und wie beide zusammenhängen und sich gegenseitig befeuern. Dr. Peter Podrez hat das Projektseminar geleitet.

Wie wird Nürnberg im Jahr 2050 aussehen? Da könnte man natürlich fantasieren. Oder man analysiert wie die Studierenden der Friedrich-Alexander-Universität, wie Städte der Zukunft in Cyberpunk-Computerspielen aussehen und funktionieren. Nächtliche Bedrohung, grelle Lichter, die Stadt als Moloch, beherrscht von Konzernen – all diese Elemente sind eingeflossen in Zeichnungen und grafische Darstellungen, die die jungen Frauen und Männer vom künftigen Nürnberg gefertigt haben. Soviel sei verraten: 2050 gibt es die Lorenzkirche zwar noch, aber sie ist umfunktioniert. Die Messe ist zum Konzerngelände geworden, die Spaltung zwischen Arm und Reich zeigt sich in den Dimensionen unten und oben.

Verrücktes erlauben und die Gedanken systematisch ordnen

Waren die Studierenden denn verrückt genug? „Unser Brainstorming war sehr frei“, erinnert sich Peter Podrez. In den ersten Wochen durften sich die Gedanken entwickeln, dann wurde gesiebt – schließlich sollte das Überthema „Stadtraum und Spiel“ in eine Ausstellung im Deutschen Spielearchiv münden.

Das Minecraft-Projekt „Block für Block – Nürnbergs Zukunft bauen“, füllt ein Minecraft-Areal mit dem Grundriss von Nürnberg und lässt die Areale von unterschiedlichen Gruppen entwickeln. Hier ein Ausschnitt des Areals, das die Studierenden geplant und bebaut haben.

Wie in der Wissenschaft üblich, haben die Studierenden die Zusammenhänge beider auf verschiedenen Ebenen untersucht. Zum einen ist Stadt ein Möglichkeitsraum fürs Spielen: Es gibt dort Spielfelder, beispielsweise für Sport, und eigens ausgewiesene Spielstraßen. Die Stadt wird aber auch selbst zum Spielfeld, sei es für das uralte Hüpfkästchen auf dem Gehweg oder für das Mobile Gaming – etwa für die Jagd nach Pokémons.

Zum anderen sind Städte Kulissen und unverzichtbare Teile vieler Spiele, angefangen bei Brettspielen wie Monopoly bis hin zu Computerspielen wie SimCity. „Wir sind diesen Verbindungen nachgegangen“, erklärt Peter Podrez. Er selbst hat über die „Entwürfe von Zukunftsstädten im Film“ promoviert und daher einen engen Bezug zum Stadtraum und dessen medialen Transformationen.

Herausforderung für Studierende

Mit der Aufgabe, das Spielen in geeignete Ausstellungsformate zu übersetzen, stellte er die Studierenden des vierten Fachsemesters vor eine pragmatische wie methodische Herausforderung. Computerspiele selbst zu programmieren, gehört nicht zur Ausbildung; für die Entwicklung eines analogen Spiels ist ein Semester sicher zu knapp. Und doch haben die sechs Gruppen vielfältige Exponate geschaffen.

Collagen sind dabei, die den Funktionsraum Stadt zeigen – hier konzentriert auf Rechtsräume von der Polizeiwache über das Gericht bis zum Gefängnis. Eine andere Gruppe nimmt die Stadt als Bewegungsraum wahr und untersucht die Spielprinzipien des Erlanger Fang-Rennens „Journey“. Die Stadt als historischen Raum erkundet dagegen ein Computerspiel, das die Studierenden mit Unterstützung eines Programmierers erarbeitet haben.

Das Stadtspiel/ Urban Game „Journey“ aus Erlangen. Die Studierenden haben mitgespielt und einen Kurzfilm dazu gedreht, der auch in der Ausstellung zu sehen ist.

Eine Gruppe begreift auf Grundlage eines Workshops mit Interessierten die Stadt als Baukasten, bei dem – ähnlich wie mit Lego oder beim Computerspiel Minecraft – Visionen von Nürnberg entwickelt werden können. „Da kann jeder ein Stück weit mitmachen“, sagt Peter Podrez.

Erinnerung an Nicht-Orte

Auf ein altbekanntes Muster greift NO-Memo zurück. Das Memory stellt – anders als erwartet – nicht die Sehenswürdigkeiten heraus, sondern hat die Nicht-Orte in der Stadt ausfindig gemacht. Haltestellen, Parkhäuser und andere anonyme Durchgangsräume geben die Motive ab und regen dazu an, über die eigene Nutzung und Wahrnehmung der Stadt zu diskutieren.

Der Entwurf für das NO-Memo-Spiel.

Das NO-Memo kann in der Ausstellung schon gespielt werden. Es kommt so gut an, dass die Studierenden überlegen, es für andere Städte umzusetzen. „Es ist eigentlich nicht üblich, dass weitergemacht wird über den Seminarschein hinaus“, berichtet Peter Podrez. Das Spielen in der Stadt aber hat die Studierenden offensichtlich gepackt. Ihren Dozenten sowieso. „Das Thema wird mich weiterbegleiten: Nicht nur der alltägliche Stadtraum ist ein zunehmend mediatisierter – etwa in Gestalt von Fassaden, die als Screens genutzt werden. Auch in analogen und digitalen Spielen bleibt die Stadt prominent“, sagt der Medienwissenschaftler und bezieht sich auf die Rekonstruktion historischer urbaner Räume sowie auf Visionen zukünftiger Städte.

Studentinnen der Friedrich-Alexander-Universität beim Testen des Spiels „NO-Memo“.

Podrez geht noch einen Schritt weiter und schließt aus dem Spiel auf die reale Welt zurück: „Gerade aktuell stellen sich diesbezüglich ja wichtige Fragen, etwa: Wie können wir in der urbanisierten Welt ökologisch nachhaltig und sozial gerecht leben? Mediale Entwürfe können solche Fragen – im wahrsten Sinne des Wortes – spielerisch zugänglich machen.“

Informationen zur Ausstellung „PLAYING THE CITY. Nürnberg im Spiel“

Ein Filmbeitrag des Bayerischen Rundfunks – Studio Franken über die Ausstellung

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