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20 / 1 / 2020

Fingerspitzengefühl fürs Cembalo

Susanne Hartwich-Düfel bespielt seit 16 Jahren den Hirsvogelsaal mit klassischen Konzerten

Aus der Not entspringen die besten Ideen: Wenn die Kirche – in diesem Fall St. Sebald – zu groß ist für ein Cembalo, dann spielt das feine Instrument eben im Hirsvogelsaal. Susanne Hartwich-Düfels Einfall hat dem Museum Tucherschloss damit eine Kammerkonzert-Reihe beschert, die seit 2004 die Freunde feiner Musik erfreut.

Fünf bis sechs Konzerte pro Jahr organisiert Susanne Hartwich-Düfel. „Ich versuche, ein möglichst abwechslungsreiches Programm zu gestalten.“ Eines, das bisweilen den historischen Rahmen des Hirsvogelsaals einbezieht. So zeigen die Holzpaneele an der Nordwand nicht nur Früchte, sondern auch historische Instrumente. Ein Programm mit Justus Willberg, dem Leiter der Musikschule Weißenburg und ausgezeichnetem Multi-Instrumentalisten, bezog deshalb Schalmei, Dudelsack und Krummhörner mit ein. Und als die Büsten der Kaiser zurückkehrten in den Hirsvogelsaal, stellte Hartwich-Düfel einen Abend unter den Titel „Ave Cäsar“ und präsentierte Barock-Opern, die sich auf die Antike beziehen.

Darstellung eines historischen Instruments auf einem Holzpaneele an der Nordwand des Hirsvogelsaals. Foto: Uwe Niklas

Ein Experiment. So wie es das erste Konzert im Hirsvogelsaal auch war. „Ein Wagnis“, erinnert sich Susanne Hartwich-Düfel, die Kirchenmusik, Orgel und Cembalo in München studierte und 21 Jahre lang als Kantorin an St. Sebald tätig war, bevor sie 2015 als Dekanatskantorin nach Erlangen wechselte. Sie hatte damals eigens ein transportables Cembalo gekauft, um die Konzerte im Hirsvogelsaal veranstalten zu können. Dazu kamen Raummiete, Personal, Reinigung…

Starke Männer gefragt

Wie wir heute wissen: Es hat funktioniert. Ohne zwei starke Männer, die das Cembalo hinein- und hinaustragen, allerdings ginge es nicht. Genauso wenig ohne die Musikerin, die ihr Instrument vor dem Konzert stimmt. Aber das Cembalo reizt sie eben, gerade weil es als Instrument eine beschränkte Spannweite hat. Der Vorläufer des Flügels hat einen hellen Klang, weil seine Saiten nicht geschlagen, sondern gezupft werden. Das bedeutet auch, dass die Lautstärke des Cembalos – anders als beim Klavier – nicht mittels Anschlag geregelt wird. „Die Betonung wird erzeugt, in dem die Töne länger oder kürzer gespielt werden und wie die Pausen gesetzt werden, sonst klingt das Cembalo wie eine Nähmaschine“, sagt die Kantorin.

Cembalo von Jan Couchet, dem Älteren, um 1650. Bildnachweis: The Metropolitan Museum of Art

Und das geht an einem Ort wie dem Hirsvogelsaal ja nun überhaupt nicht. Der habe eine super Akustik („bis zum letzten Platz ist alles zu hören“) und vermittle den Musikern ein „intimes Spielgefühl“, denn sie spüren die Reaktion des Publikums ganz unmittelbar. „Auch das historische Ambiente passt zur Musik“,  findet Susanne Hartwich-Düfel. Obwohl der rekonstruierte Saal ursprünglich aus der Renaissance, also dem 16. Jahrhundert, stammt, die meisten Stücke für Cembalo im Barock und der Frühklassik, also dem 17. und frühen 18. Jahrhundert, komponiert wurden.

Eine Rarität: jüdische Barockmusik

Ihre Stammgäste schätzten die Musik genau dieser Periode, sagt Susanne Hartwich-Düfel. Sie selbst findet durchaus Gefallen an avantgardistischer Musik, spielt auf Orgel und Cembalo öfters zeitgenössische Kompositionen und führt sie mit ihrem Chor auf. Werner Heider hat ihr „Einige Gedanken für Cembalo“ gewidmet. Für die Kammerkonzerte im Hirsvogelsaal jedoch taucht Susanne Hartwich-Düfel in den Barock ein. 2020 zum Beispiel plant sie gleich zu Beginn ein Konzert mit jüdischer Barockmusik, gespielt von Marcos Fregnani und Carmen Fuentes. Bereits im vergangenen Sommer hat sie die Stücke gesucht, hat Noten besorgt und mit den anderen Musikern geprobt. Eine Rarität.

Die Cembalistin Susanne Hartwich-Düfel. Bildnachweis: glasow, fotografie Erlangen

Ferner wird die Cembalistin mit dem über die Region hinaus bekannten Elisenquartett zwei Cembalo-Konzerte spielen, mit ihrem Trio den Nürnberger Komponisten Johann Pachelbel in einer „musikalischen Ergötzung“ würdigen und Künstler wie den Geiger Pawel Zalejski und den Cellisten Wen Sinn Yang einladen, die auf den großen internationalen Bühnen zu Hause sind. Es steht ein beflügelndes, oder vielleicht besser, ein becembaloendes Kammermusikjahr bevor.

Informationen zu den „Kammerkonzerten mit Cembalo“

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