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28 / 3 / 2018

Tatort Museum: Der Haustechniker

Offiziell ist Reiner Maisch Haustechniker. Inoffiziell ist er immer mal wieder Bauleiter, Handwerker, Kunstberater, Ausstellungmacher, Ton- und Lichttechniker und Computerexperte, Besucherpsychologe sowieso. Mit einem Wort: der Mann für alles im Dürer-Haus.

„Ich bin da ein bisschen etepetete“, sagt Reiner Maisch und entschuldigt sich fast. Aber die Kunstwerke müssen doch möglichst gut präsentiert werden. Deshalb will er für die Linolschnitte, die Graphik-Studierende der TH Nürnberg gefertigt haben, eine Buchstütze besorgen. Damit die Druckplatten nicht durchhängen. „Wir behandeln sie wie jedes andere Kunstwerk auch als Unikat“, sagt Maisch. Da könne er nicht einfach eine Leiste anbringen oder einen Aufhänger.

Der 57-Jährige hat so seine Erfahrungen gemacht. Im Laufe der vielen Jahre im Albrecht-Dürer-Haus hat er viele wertvolle, darunter auch millionenteure Leihgaben an die Wand oder in Vitrinen gebracht. Und jeder Leihgeber habe da eigene Vorstellungen …

Der Sockel des „Schwedischen Löwen“ im Stadtmuseum im Fembo-Haus wird für einen Transport untersucht.

Achtung: giftig!

Vorsicht ist also geboten. Auch wenn es um scheinbar Harmloses geht wie die Präsentation von Arbeitsmaterialien wie sie wahrscheinlich auch Dürer schon benutzt hat und wie sie in der Werkstatt im zweiten Stock ausgestellt sind. Steine, Pflanzen, Insekten – alles Mögliche wurde schon in der Renaissance zu Farbpigmenten verarbeitet. Aber nicht nur, dass die Besucher des Dürer-Hauses damit Schabernack treiben könnten: Das Bleiweiß ist tatsächlich giftig. Die Vitrinentüren hat Maisch deshalb sicher verschraubt.

Als er an diesem Morgen um 7.30 Uhr ins Museum kam, piepste schon die Klimaanlage. Dann war eine Vitrine aus dem Stadtmuseum im Fembo-Haus zu holen und Vliesrollen für die Malerarbeiten. Im Graphischen Kabinett bereitet Maischs neuer Kollege aus dem Stadtmuseum, Mehmet Günes, die vorgehängten Wände für die Ausstellung der Graphikstudenten vor. Er streicht Pink! Das hat Thomas Schauerte, der Leiter des Dürerhauses, so gewollt – passend zum modernen Blick auf Dürer und die poppigen Farben, in denen die Studierenden ihre Arbeiten gestaltet haben.

Die aktuelle Sonderausstellung im Graphischen Kabinett.

Gerade Linie im krummen Raum

Das Kabinett hat seine Tücken. Die Deckenbalken sind schief, der Boden neigt sich zur Tür und kein Winkel des Raumes hat 90 Grad. Wie sollen da Bilder gerade gehängt werden? Maßstab sind für Reiner Maisch 1,56 Meter – die angenommene Augenhöhe der Besucher. Kunstwerke sollen ein Drittel über die angenommene Ideallinie herausragen. Damit die auch stimmt, nimmt der Haustechniker einen Rotationslaser zu Hilfe.

Sein Blick streift über die frisch gestrichenen Wände. Gänzlich glatt sollen sie sein. Aber mal im Ernst, Herr Maisch, wem würden ein paar kleine Unebenheiten überhaupt auffallen? „Mir schon!“ Was womöglich auch daran liegt, dass Reiner Maisch das Haus so lange schon kennt.

1983 hat er bei der Stadt Nürnberg angefangen. Zunächst war der gelernte Feintäschner –  er fertigte Schmuckkästchen und Ähnliches, erlebte die quasi industrielle Fertigung aber als zu eintönig – Aufseher im Fembo-Haus, später saß er an der Pforte und wurde schließlich Haustechniker. „Ich lerne immer noch dazu“, sagt er. Denn die Technik schreitet voran: seien es interaktive Bildwände, die induktive Tonanlage für Gehörgeschädigte oder die neue LED-Beleuchtung.

Komplexe Technik erfordert sorgfältige Wartung.

Es werde Licht

Das Licht hat es Reiner Maisch angetan. Er stört sich an der nachlassenden Leistung von Strahlern in einer Vitrine, ihm fällt auf, wenn das Porträt von Dürers Vater nicht hinterleuchtet ist und an Dürers Selbstbildnis im Erdgeschoss dreht er gleich einmal eine Lampe zur Wand. Zückt den kleinen Schraubenzieher, der neben den Kulis in seiner Brusttasche steckt, und dimmt sie sofort.

Die Halterung für das Selbstporträt – eines von dreien im Haus – übrigens hat er selbst ersonnen. Weil das Werk bewusst ohne Rahmung ausgestellt werden sollte, hat Reiner Maisch Plexiglasschienen genommen und diese dann seitlich an Metallstäben befestigt. Das Bild scheint zu schweben. Muss man drauf kommen! Aber, und das sagt der Haustechniker nicht nur einmal an diesem Vormittag, es gibt keine Probleme. Aber praktisch immer eine Lösung. „Ein gesundes Selbstvertrauen“ allerdings braucht, wer täglich im historischen Umfeld – das Albrecht-Dürer-Haus wurde 1420 erbaut – arbeitet und mit Kunstwerken umgeht. Beispiel: der Dürer-Saal. Natürlich hängen hier nur Kopien, aber hochwertig sind sie schon. Damit sie keinen Schaden nehmen, muss das Raumklima bei gleichbleibenden 19 Grad Celsius und einer Luftfeuchtigkeit von etwa 50 Prozent gehalten werden. Maisch ist also auch Hüter der Klimaanlage, er richtet zudem für Veranstaltungen die Technik ein und schleppt schlicht Stühle.

Induktive Tonanlage und Mobiliar für Veranstaltungen sind im Dürer-Saal in der Wand verborgen.

Hand in Hand mit Kollegen

Und wenn es bei den Kollegen – neben Mehmet Günes sind das Peter Wild und Francesco Zenner im Verbund der Altstadtmuseen – einmal brennt, springt Reiner Maisch auch hier ein und gibt Erfahrungswissen weiter. Auch an Handwerker übrigens.  „Horch, keine Dispersionfarbe. Hier ist Silikatfarbe nötig!“ schreitet er ein, wenn Anstreicher den Denkmalschutz nicht so ernst nehmen und verhandelt mit dem Siemens-Mann kundig über den Schließmechanismus der historischen Haustür.

Zusammen mit den Kollegen Mehmet Günes und Peter Wild wird die Stellprobe für eine Ausstellung im Museum Tucherschloss vorbereitet.

Und er kennt die Besucher. Ihre Reaktionen und Diskussionen nimmt er wahr, wenn er mit stets offenen Augen durchs Haus geht. „Wir haben hier das breite Publikum“, sagt Reiner Maisch. Wenn er das Gefühl hat, dass ein Exponat oder eine Ausstellung die Besucher überfordert – dann sagt er’s. Auch dem Chef.

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