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9 / 11 / 2023

Plantschen bei Pellers

Eine überraschende Entdeckung im Pellerhaus

Nichts gegen schlechtes Wetter! Es waren anhaltende kalte Niederschläge, die den Steinmetz Harald Pollmann vor einem Jahr dazu brachten, sich eingehender mit dem Westflügel des Pellerhofs zu befassen. Und dabei eine erstaunliche Entdeckung zu machen. Aber der Reihe nach.

Den 2008 bis 2018 auf Initiative Harald Pollmanns von den Altstadtfreunden Nürnberg e.V. wiedererrichteten Pellerhof am Egidienplatz dürften die meisten Nürnbergerinnen und Nürnberger zumindest dem Namen nach kennen. Einst schmückte der prächtige Renaissance-Innenhof das 1602 bis 1605 im Auftrag des reichen Kaufmanns Martin Peller (1559-1629) errichtete Pellerhaus. Das einst zu den berühmtesten Sehenswürdigkeiten Nürnbergs gehörende Gebäude wurde im Zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört, seine Reste gingen in einen 1957 fertiggestellten Neubau der Stadt Nürnberg ein. Dank reger Spendentätigkeit der Bürgerschaft ist der in aufwändigen Sandsteinarbeiten für über 5 Millionen Euro rekonstruierte Hof heute der wohl schönste Open-Air-Veranstaltungsort in der Stadt.

Der wiedererrichtete Pellerhof am Egidienplatz. Foto: Stefan Meyer

Man sollte meinen, dass nach dem Wiederaufbau des Pellerhofs keine Fragen zu den baulichen Resten des vormaligen Pellerhauses mehr offengeblieben sind. Aber als restliche Restaurierungsarbeiten an der Hoffassade ab 2022 immer mal wieder witterungsbedingt ausgebremst wurden, begannen Harald Pollmann und weitere Handwerker damit, den mit modernem Gipsputz verkleideten Westflügel freizulegen. Ein erster Raum mit Gewölbedecke konnte aufgedeckt werden und zeigt sogar noch Reste einer rosafarbenen Wandbemalung mit Quadermalerei, die auch von anderer Stelle des Pellerhauses überliefert ist. Die Fassade eines Zwischengangs und eines zweiten Raums daneben überraschte das Team. „Im oberen Teil sind nachträglich zwei kreisrunde Fensteröffnungen zum Gang und zum Raum hin eingearbeitet worden“, sagt Pollmann „Das ist merkwürdig, denn das Zimmer erhält durch drei Fenster bereits genug Licht.“

Als im Inneren Balkenauflager entdeckt wurden, war klar: „Dieser Raum musste eine Zwischendecke gehabt haben – jetzt machte auch das runde Fenster Sinn.“ Eine schwarze Linie als Abgrenzung und Farbreste in Ocker lassen die Bemalung der damaligen Zwischendecke erkennen, die in diesem Jahr wieder als Holzrekonstruktion ersetzt wurde. Neugierig geworden, klopften Harald Pollmann und seine Kollegen weiter die Wände ab und legten eine zugemauerte Nische mit Öffnung zum Zwischengang frei. „In der Nische befand sich offenbar ein Badeofen, der vermutlich etwas in den Raum hineinragte, die Wärme dorthin abgab und von außen im Zwischengang befeuert wurde“, erklärt Pollmann. Im Gang traten zu einer sich hochziehenden Verrußung Reste einer gemauerten Rauchhaube zu Tage und beseitigten alle Zweifel: „Das hier war eine private Badestube, meines Wissens die einzige aus dieser Zeit erhaltene in Nürnberg.“

Wie sie in etwa ausgesehen haben könnte, hat Albrecht Dürer rund hundert Jahre früher in seiner Federzeichnung „Frauenbad“ von 1496 festgehalten. Sie zeigt eine holzgetäfelte Schwitz- und Badestube mit einem Wasserkessel in der Heiznische und aufgestellte Waschzuber. „Dürer könnte das Irrer-Badhaus dargestellt haben, das seinem Wohnhaus am nächsten lag“, meint Pollmann. Weil die öffentlichen Badehäuser nicht den besten Ruf hatten und im Verdacht standen, Geschlechtskrankheiten zu befördern, hatte sich die Familie Peller wohl für den nachträglichen Einbau eines privaten Bades entschieden.

Albrecht Dürer: Frauenbad, 1496. Die Zeichnung befindet sich im Besitz der Kunsthalle Bremen, mehr Informationen und eine zoombare Ansicht gibt es bei Google Arts & Culture

Neben der Freilegung von zwei bodennahen Abflüssen lassen die Wände des Raums auch Spuren der Wasserzuleitung erkennen. „An der Westwand sieht man eine sich horizontal ziehende Nut mit einer erhaltenen Eisenklammer, die vermutlich ein Bleirohr enthielt, das zum rechts hinter dem Raum befindlichen Ziehbrunnen führte.“ Noch rätselhaft ist für Pollmann eine Nut an der Nordwand der Badestube, die senkrecht nach oben führt. „Könnte es sein, dass Wasser erst oberhalb der Zwischendecke in einen Tank gepumpt wurde, um damit Druck zu erzeugen, ähnlich wie man es von Springbrunnen her kennt?“, fragt sich Pollmann. Die Altstadtfreunde haben Fachleute aus dem Freilandmuseum Bad Windheim hinzugezogen, die mit ihrer Expertise vielleicht weiterhelfen können. Wenn alle gesicherten Befunde vorliegen, soll es weiter gehen mit den Restaurierungsarbeiten, die Harald Pollmann so umreißt: „Auf dem Fußboden werden wir große Sandsteinplatten verlegen, Tellerscheibenfenster einsetzen und auch die Wände wieder herrichten, wohl auch die gemauerte Rauchhaube im Heizgang.“

Steinmetz Harald Pollmann vor dem Westflügel des Pellerhofs. Foto: Brigitte List

Der Kaufmann Martin Peller bewohnte sein repräsentatives Haus nur von 1625 bis zu seinem Tod 1629, in Familienbesitz blieb es bis 1828. Seit dem Ende des 17. Jahrhunderts lebten hier mehrere Mieter, nachdem die Familie Peller nebenan in das kleinere, sogenannte „Schwarze Pellerhaus“ gezogen war. Zu diesem 1944/45 fast komplett zerstörten Gebäude führte eine bis heute erhaltene Tür. „Ich kann mir gut vorstellen, wie hier ein Peller in Badeschlappen durchging zur Badestube“, sagt Harald Pollmann schmunzelnd.

Ein Holzmodell des Pellerhauses, das vom Hochbauamt der Stadt Nürnberg gefertigt wurde, befindet sich im 2. Obergeschoss des Stadtmuseums im Fembo-Hauses. Foto: Herbert Liedel

Wer gerne eintauchen möchte in die Vergangenheit des Pellerhauses, hat von Freitag bis Sonntag jeweils zwischen 14 und 17 Uhr Gelegenheit dazu. Der Eintritt ist frei und für Erklärungen stehen Ehrenamtliche der Altstadtfreunde gerne bereit.


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