Museenblog Nürnberg

Neueste Beiträge

Kategorien

16 / 5 / 2022

„Jede*r trägt ein Spiel in sich!“

Ausstellung zum Spielerfinder Alexander Randolph

Eine Ausstellung entsteht

Anstrengende, aber vor allem interessante Vorbereitungstage liegen hinter uns. Es wurde an Ideen gefeilt. Konzepte wurden erstellt, verworfen und neu entworfen, bis die neue Foyer-Ausstellung im Haus des Spiels schließlich ihre jetzige Form erhalten hat. Sie widmet sich dem Spieleerfinder Alexander Randolph, der dieses Jahr 100. Geburtstag gehabt hätte. Im Deutschen Spielearchiv wird sein umfangreicher Nachlass aus zahlreichen Zeichnungen, Spieleprototypen, Fotografien und Unterlagen bewahrt. Bis 31.12.2022 können Besucher*innen nun einen Blick in sein spannendes Schaffen werfen und erfahren, wie aus einer kleinen Idee ein produziertes Spiel wird.

Tanja Miehm, derzeitige Praktikantin und Studentin der Kunstgeschichte und Japanologie an der FAU, war in der „heißen Phase“ der Ausstellungsentwicklung sowie des Aufbaus dabei: „Besonders spannend war es für mich in meinem Praktikum, die einzelnen Entwicklungsstadien des Aufbaus einer Ausstellung zu sehen. In der ersten Zeit meines Praktikums habe ich mich mit dem Leben von Alexander Randolph auseinandergesetzt. Bei meiner Recherche habe ich außerdem festgestellt, dass auch mein Bruder und ich ein Spiel von ihm in unserem Schrank hatten, das wir liebend gern als Kinder spielten: Die heiße Schlacht ums kalte Buffet!

Wer war Alexander Randolph?

Alexander Randolph (1922-2004) gilt als einer der bedeutendsten Menschen der Spielewelt des 20. Jahrhunderts. Sein Leben liest sich wie ein spannender Roman: Geboren wurde er als Sohn einer jüdischen Künstlerfamilie. Seine Schulzeit verbrachte er größtenteils auf Internaten in Italien und der Schweiz. Schon als Kind sprach er fließend mehrere Sprachen, darunter Deutsch, Englisch und Italienisch. Der drohende Krieg bewegt die Familie zum Umzug auf eine Ranch in Arizona. Da Randolph zu dieser Zeit aber weder eine Geburtsurkunde noch eine offizielle Nationalität besaß, wurde er mit der Einreise via Schiff amerikanischer Staatsbürger. Kurze Zeit studierte er in Chicago, dann absolvierte er mit der amerikanischen Befreiungstruppe Camp Ritchie Einsätze in Italien und Nordafrika. Dass Randolph einmal zahlreiche Spiele erfinden würde, war ihm in jungen Jahren keineswegs klar. Zwar hegte er eine Faszination für Schach und andere klassische Spiele, arbeitete jedoch nach dem zweiten Weltkrieg zunächst als Werbegrafiker und -texter in Boston. Immer wieder zog es ihn aber nach Europa, vor allem nach Wien und Venedig. Schließlich stellte er seinem Freund Herbert Feuerstein im Wiener Café Hawelka ein Papier-und-Bleistift-Spiel vor, das vier Jahre später unter dem Namen TwixT veröffentlicht und ein Bestseller wurde.

„Wenn ich an meine Spiele denke, dann nie an die Produkte, die am Ende in der Schachtel lagen, sondern an die Prototypen, wie sie von ganz wunderbaren Kunsthandwerkern nach meinen Zeichnungen geschaffen wurden.“
Alexander Randolph

Es folgten längere Aufenthalte in Japan und Italien, schließlich übersiedelte er gemeinsam mit seiner Frau ganz nach Venedig und richtete dort sein Spieleatelier ein. Über 100 seiner Ideen wurden im Laufe seines Lebens veröffentlicht, darunter Spieleklassiker wie Sagaland, Rasende Roboter oder das beliebte Kinderspiel Tempo, kleine Schnecke.

Alexander Randolph beim Spieleentwickeln in seinem Atelier in Venedig. Foto: Alberto Bevilacqua

Von der Idee zum fertigen Spiel

Manchmal kommt uns das Ausstellungen machen selbst vor wie ein Spiel: Eine Idee, die Stück für Stück nach festen Regeln Form annimmt, bis sie schließlich von Gästen besucht (oder gespielt?) werden kann. Tanja hält fest: „Zu Beginn handelt es sich bei dem Konzept der Ausstellung um mehr oder weniger detailliert verfasste Dokumente, beschreibende Gesten und grobe Skizzen, aber je näher das Eröffnungsdatum rückt, desto mehr Gestalt nimmt die Ausstellung an. Ein erster Meilenstein waren für mich die fertigen Grafiken und Ausstellungstexte. Der zweite große Meilenstein war das Einräumen und Gestalten der Vitrinen. Am Anfang, als wir nach Objekten recherchiert oder erste Ideen diskutiert haben, konnte ich mir noch nicht vorstellen, wie das fertige Gesamtbild einmal aussehen wird. Umso schöner war es, den Prozess zu sehen und wie sich alles Stück für Stück wie ein Puzzle zusammensetzte. Eröffnet haben wir die Ausstellung zur Blauen Nacht. Ich habe mich sehr gefreut, dass ich bei der Entstehung der Ausstellung dabei sein durfte.“

In sechs Teilbereichen stellen wir in unserer Foyer-Ausstellung nicht nur die Person hinter den Spielen, Alexander Randolph, vor. Es geht vielmehr um die Frage, was es braucht, um ein gutes Spiel zu erfinden und um den kreativ-künstlerischen Prozess, den jede*r Spieleautor*in beim Spieleerfinden durchläuft.

Dazu gehört es natürlich auch, selbst kreativ und spielerisch zu werden: An einer kleinen Spieletheke können Besucher*innen Randolph-Spiele aus 40 Jahren ausprobieren und in einem Mitmachangebot eigene Spieleideen entwickeln. Begleitend zur Ausstellung wird es Führungen sowie Schulklassenangebote geben.

Passend zum Thema der Blauen Nacht: Fantasie – wurde im Haus des Spiels die Ausstellung zu Alex Randolphs 100. Geburtstag eröffnet. Foto: Sebastian Pfaller

Informationen zur Ausstellung


Randnotiz:
Wir bedanken uns herzlich beim Verein Spiel des Jahres, der die Ausstellung finanziell unterstützt und damit möglich gemacht hat.

 

Museenblog abonnieren und keinen Artikel mehr verpassen!
Loading
Schreibe einen Kommentar
Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Pflichtfelder sind mit einem * markiert.

*

*