Es ist die Zeit der Lebkuchen und Plätzchen, des Butterzeugs und saftigen Hutzelbrotes. In der Marktgemeinde Cadolzburg aber lässt man sich seit 1948 eine ganz besondere Spezialität schmecken: aus Hefeteig gebackene Adventssterne. Mit dieser süßen Köstlichkeit war vor 70 Jahren ein neues Brauchtum geschaffen worden. Damals veranstaltete man auch erstmals einen Adventsmarkt, den man seither mit einer Feierstunde unterm großen Adventskranz eröffnet.
Idee zum Adventsmarkt entstand in Kriegsgefangenschaft
Die Cadolzburger lieben ihren Markt. Sie lieben es, am ersten Adventswochenende die Zeit des Weihnachtssehnens auf ihre ganz eigene und einzigartige Art einzuläuten. Die Idee zu diesem Markt, den Sternen und dem im Kerzenlicht erstrahlenden Kranz hatte vor nunmehr 70 Jahren Valentin Fürstenhöfer. Er war Vorsitzender des örtlichen Heimatvereins sowie Kreisheimatpfleger des Landkreises Fürth. Als Kriegsgefangener in Nordamerika, Nebraska, hatte er sich eines geschworen: „Einen vorweihnachtlichen Markt werde ich in meinem Heimatort Cadolzburg einführen, einen Markt der Besinnung!“ So erzählt er es in einer seiner Schriften. Fürstenhöfer hat Wort gehalten und was er einst ins Leben rief, wird seit 70 Jahren fortgeführt. Nur ein einziges Mal musste der Adventsmarkt ausfallen. Das war 1951, wegen der Maul- und Klauenseuche.
Eine echte Besonderheit: der Cadolzburger Adventsstern
Die Begriffe „Adventsmarkt“, „Adventssterne“ und „Adventskranz“ hätte Fürstenhöfer sich damals nur allzu gerne schützen lassen, so dass Cadolzburg die Exklusivrechte daran gehabt hätte. Andernorts sollte man ausschließlich von „Weihnachtsmärkten“ sprechen, so sein Wunsch. Schließlich würde es ja auch nur einen Nürnberger Christkindlesmarkt geben und nur einen „Reiterlesmarkt“, nämlich den in Rothenburg ob der Tauber. Am 1. Dezember 1977 schreibt Fürstenhöfer an die Landesgewerbeanstalt Bayern nach Nürnberg und beschwert sich bitterlich darüber, dass ein Nürnberger Bäckermeister seit ein paar Jahren versuche, den Cadolzburger Adventsstern auch in der Noris zu verkaufen. „Wir haben dagegen protestiert und ihn gebeten, das zu unterlassen, da das Gebäck nur in Cadolzburg hergestellt und dort während der Adventszeit angeboten werden soll“, schreibt er und betont, dass man nun speziell „den Stern, seine Form und den Namen“ schützen lassen wolle.
Ein heimeliger Markt zwischen Burg und Fachwerkhäusern
Am Samstag/Sonntag, 1./2. Dezember ist es nun wieder soweit. Und es wird sein wie seit 70 Jahren: Das obere Tor, das „Brusela“, wird von leuchtenden Christbäumen flankiert und auf dem langgestreckten Marktplatz, der sich zur Burg hinzieht, stehen bunte Buden aneinander gereiht. Malerisch wird es sein zwischen den Fachwerkhäusern als Kulisse, stimmungsvoll und heimelig. Während den Markt früher vor allem die Geschäftstreibenden nutzten, um sich zu präsentieren, sind es heute die Vereine, die Selbstgebasteltes, Plätzchen, Glühwein und Grillwurst anbieten.
Posaunen, Kindergesang und Kleintierschau
Viel hat sich in den vergangenen Jahrzehnten ansonsten nicht verändert. Noch immer gehört eine Kleintierschau zum Rahmenprogramm und ein Posaunenchor spielt bei der Feierstunde unterm Adventskranz. Dort singen die Erstklässler alle Jahre wieder weihnachtliche Lieder und unterhalten mit Gedichten. Anschließend werden sie vom Bürgermeister und den Bäckern mit den süßen Adventssternen beschenkt.
„Die Meister der Becken“ lieferten den Adventsstern für den Markt
Doch bevor die kleinen Händchen nach dem Zuckerwerk greifen dürfen, verliest einer der Bäcker seit jeher eine Urkunde. So heißt es jedes Jahr aufs Neue:
„Kund und zu wissen sei hiermit, daß der Rat des Marktes Cadolzburg beschlossen hat, von nun an alljährlich einen Adventsmarkt abzuhalten. Die Meister der Becken haben sich bereit erklärt, dazu ein eigenes Gebäck, die aus Weißmehl gebackenen und mit Zuckerguss versehenen Adventssterne herzustellen und dem Bürgermeister zu übergeben. So geschehen im Eintausendneunhundertachtundvierzigsten Jahr. Die Meister der Becken.“
Die Cadolzburger Bäcker von damals – Grünbaum, Hacker, Höfler, Kießling und Zimmermann – gibt es längst nicht mehr. Nur „Riegelein“ ist noch immer in Cadolzburg ansässig. Doch aus der einstigen Bäckerei ist längst eine international bekannte Schokoladenfabrik geworden. Heute fertigt die Adventssterne ein Bäcker aus dem Nachbarort Veitsbronn. Nur so lässt sich die Tradition am Leben erhalten.
Ihre Form haben die Adventssterne bewahrt. So wird der sechsfingrige Stern aus Hefeteig von einem Ring ummantelt. Verändert hat sich allerdings der Belag. Früher wurde das Festgebäck dick mit Zuckerguss und bunten Streuseln verziert, so dass es außerordentlich klebrig war. Mittlerweile „pappt“ nichts mehr. Puderzucker hat die klebrige Masse ersetzt. Doch damals wie heute lecken sich die Kinder die Finger nach dem Festgebäck.
Ausstellung im Historischen Museum Cadolzburg
Im Historischen Museum Cadolzburg (HMC) am Pisendelplatz wird noch bis zum 6. Januar 2019 eine Sonderausstellung zu „70 Jahre Adventsmarkt Cadolzburg“ gezeigt. Öffnungszeiten: Mittwoch bis Sonntag, 14 bis 17 Uhr.
Am Samstag/Sonntag, 1./2. Dezember, passen sich die Öffnungszeiten des Museums denen des Adventsmarktes an: Samstag, 14 – 19 Uhr; Sonntag, 11 – 19 Uhr.
Das Historische Museum Cadolzburg bietet zusammen mit der Burg Cadolzburg ein Kombiticket an.