Zunächst war noch nicht klar, warum er im Volksmund einmal der „Griechen-Haller“ genannt werden sollte. Carl Frhr. Haller von Hallerstein (1774-1817), dessen Tod sich gerade zum 200. Mal jährte, erlangte seine Bedeutung vor allem als einer der Begründer der modernen Archäologie. Doch zu diesem Fachgebiet gelangte er erst auf Umwegen.
Studium
Für Haller, der einer der bedeutendsten Familien aus dem ältesten Nürnberger Patriziat entstammte, war zunächst eine militärische Laufbahn ins Auge gefasst worden. Nach kurzer Zeit als Page am Hof der Fürsten von Nassau–Saarbrücken nahm er jedoch ab 1792 in Stuttgart an der Hohen Karlsschule ein Studium der Architektur und Militärwissenschaften auf. Die rasch wechselnden Zeitumstände führten Carl von Haller schließlich über Umwege nach Berlin, wo er sein Architekturstudium wieder aufnahm. Als Schüler von Friedrich Gilly lernte er neben Leo von Klenze und Karl Friedrich Schinkel die gerade aufkommende klassizistische Baukunst von Grund auf kennen. Die Liebe zum antiken Formengut in der Architektur sollte für Ihn sehr wichtig werden.
Architekt in Nürnberg
In Nürnberg erhielt Haller 1806 seine erste Anstellung als Bauinspektor, in unruhigen Zeiten, denn Nürnberg verlor just in diesem Jahr seine Stellung als freie Reichsstadt und wurde bayerische Provinz. Neben dem ersten öffentlichen Auftrag, der Errichtung der Marktkolonnaden auf dem Hauptmarkt, baute er 1807/08 für den Kaufmann Bestelmeier in nur 12 Monaten ein großes Wohn- und Geschäftshaus an der Königstraße, das als moderner, klassizistischer Neubau weithin Beachtung fand.
In Italien
Hallers Hang zur Perfektion bewegte ihn schließlich dazu, die Architektur der Antike in Italien studieren zu wollen, um später (so weitergebildet) eine Professur an der Nürnberger Akademie anzustreben. 1808 brach er nach Rom auf. Dort schloss er sich einem internationalen Kreis Gleichgesinnter an, die schließlich 1810 beschlossen, gemeinsam nach Griechenland weiterzureisen, um dort Bauforschung zu betreiben. Dies war in Zeiten politischer Unruhe (in Europa war Krieg) ein durchaus nicht ungefährliches Unterfangen; Griechenland gehörte damals noch zum Osmanischen Reich.
Forschungen in Griechenland
Die Akribie, mit der Haller antike Tempel vermessen und dokumentiert hat, wurde richtungsweisend für spätere Generationen von Bauforschern und Archäologen. Seinem Eifer ist es zu verdanken, dass Haller auch bedeutende Funde machte: so entdeckte er zum Beispiel am Aphaiatempel auf der Insel Ägina im Boden die Giebelskulpturen (die „Ägineten“), die zum Gründungsbestand der Glyptothek in München zählen. Zu den von Haller dokumentierten antiken Bauten zählen die Akropolis in Athen, die Tempel von Korinth, der Apollontempel von Bassae, sowie die Theater von Melos und Epidauros. In Griechenland konnte er auch sein Talent als Zeichner weiter entfalten, womit er zu seinem Lebensunterhalt beitrug. Daneben war er immer noch als Architekt entwerfend tätig. So lieferte er – inspiriert von den Formen der griechischen Tempel – Entwürfe für die Walhalla bei Regensburg und die Münchner Glyptothek nach Bayern. Leo von Klenze, der diese Aufträge letztlich erhielt, konnte aber auf Hallers Entwürfen aufbauen.
Trotz einer schweren Erkrankung reiste Carl von Haller schließlich nach Ambelakia in Thessalien, um eine Brücke zu bauen. Im Alter von nur 43 Jahren starb er dort am 5. November 1817 an einer Malaria-Infektion. Sein Idealismus und unermüdlicher Eifer beeindrucken uns noch heute. Während seine archäologischen Leistungen in Fachkreisen durchaus wahrgenommen wurden, haben Hallers Begabungen als Zeichner und Architekt bisher jedoch kaum Beachtung gefunden.