Wer das Pellerhaus von innen sehen will, muss ins Fembo-Haus gehen – klingt paradox, ist aber so. Seit dem Umbau zum Stadtmuseum in den 1950er Jahren befindet sich dort nämlich einer der bedeutendsten Nürnberger Kunstschätze der Spätrenaissance: das Schöne Zimmer aus dem prunkvollen Anwesen des Kaufmanns Martin Peller (1559-1629). Dank seiner ausladenden Kassettendecke mit ihren kunstvoll arrangierten mythologischen und allegorischen Darstellungen, der aufwändigen Holzvertäfelung und den manieristischen Türverzierungen zählt das Schöne Zimmer auch heute noch zu den beeindruckendsten Repräsentationsräumen des 17. Jahrhunderts.
In der Tat: Eine Museumsperle!
Ursprünglich beherbergte das um 1610 erbaute Zimmer Martin Pellers umfangreiche Kunstsammlung – italienische Meister und Werke der Dürerzeit. Der eigentliche Blickfang waren jedoch die Deckengemälde aus der Hand des Nürnberger Malers Georg Gärtner d.J. Diese wirkten auf den zeitgenössischen Betrachter wie ein Kommentar zum Raum und zu Pellers Sammlerleidenschaft selbst. Um das Mittelbild (ein kunsthistorischer Gassenhauer: der Sturz des Phaeton) gruppiert sich eine Abfolge von Darstellungen, die den Aufbau des Universums versinnbildlicht und das Sammeln als wichtigen Schritt zu umfassendem Wissen preist.
Wer sich heute im Schönen Zimmer umsieht, wird schnell begreifen, dass der Raum vor allen Dingen eines sollte: Gäste beeindrucken. Zu diesem Zweck ließ es sich Martin Peller kurioserweise nicht nehmen, die potentielle Verweildauer der zu beeindruckenden Besucher durch den Einbau eines Gästebettes auch noch zu verlängern. Erst 1662, dreißig Jahre nach seinem Tod, wurde das Bett dann doch lieber durch einen Ofen ersetzt.
Ex ungue leonem, wie der Lateiner sagt
Das Schöne Zimmer ist wie das gesamte Pellerhaus eine Demonstration von Reichtum und Macht – und das nicht ohne Grund. 1590 war Martin Peller aus Radolfzell am Bodensee nach Nürnberg gekommen, um dort die Kaufmannstochter Maria Viatis zu heiraten. Zusammen mit seinem Schwiegervater Bartholomäus Viatis (einem gebürtigen Venezianer) gründete er in Nürnberg eine der führenden Handelsgesellschaften Deutschlands und stieg zum reichsten Kaufmann der Reichsstadt auf. Als Zuwanderer stieß Martin Peller im mächtigen Nürnberger Patriziat jedoch auf Ablehnung, er wurde als „Neubürger und Einkömmling“ angesehen. Die Errichtung des prächtigsten Hauses am vornehmsten Platz der Stadt darf man also getrost als, sagen wir es diplomatisch: einen Fingerzeig verstehen.
Zerstörung und Wiederaufbau
Im Gegensatz zur Ausstattung des Schönen Zimmers, die man vorsorglich in Sicherheit gebracht hatte, wurde das Pellerhaus im Zweiten Weltkrieg leider fast vollständig zerstört. Ein originalgetreuer Wiederaufbau des historischen Gebäudes blieb aus – stattdessen wurde das Pellerhaus Ende der 1950er Jahre von den Architekten Fritz und Walter Mayer unter Einbeziehung der unversehrten Bauelemente als modernistisches Bibliotheks- und Archivgebäude neu errichtet. Heute beherbergt es unter anderem das Deutsche Spielearchiv und die Internationale Akademie Nürnberger Prinzipien.
Und was bringt die Zukunft?
Allerdings trauerten viele Nürnberger dem „alten“ Pellerhaus nach. Im Jahr 2007 begannen die Altstadtfreunde deswegen mit einer Spendensammlung, um zumindest den historischen Innenhof wieder aufzubauen. Zehn Jahre und 4,5 Millionen Euro später steht das ehrgeizige Projekt nun kurz vor der Vollendung – und die Frage im Raum, wie es mit dem mittlerweile denkmalgeschützten Pellerhaus weitergehen soll. Ein generationsübergreifendes Jugend- und Kulturhaus nebst Spielezentrum oder eine andere kulturelle Nutzung, die in den 50er-Jahre-Bau hineingeplant werden könnte, stehen dem Wunsch der Altstadtfreunde für eine Rekonstruktion entgegen. Man sieht also: Es tut sich was in puncto Pellerhaus. Was es letzten Endes wird? Man darf gespannt sein!
#perlenfischen
Der Info-Point Museen & Schlösser in Bayern hat zu einer Blogparade unter dem Motto „Perlenfischen“ aufgerufen. Sie möchten die Perlen in der Museumslandschaft sammeln und da konnten wir natürlich nicht „Nein“ sagen.
Infopoint Museen & Schlösser
15 / 5 / 2017 | 16:07
Lieber Sebastian,
wir möchten uns ganz herzlich für diesen wunderbaren Beitrag zu unserer Blogparade #perlenfischen bedanken! Besonders fasziniert hat uns der Innenhof des Pellerhauses – eine echte Perle!
Viele Grüße
Sabine, Anna & Jana (Redaktion Museumsperlen)