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27 / 4 / 2017

Museum für alle!

Inklusive Angebote bereichern und verändern die Museen

Noch immer gelten Museen als elitäre Einrichtungen. Dabei sind sie längst kein Refugium bildungsbürgerlicher Kreise mehr. Ob Kunst-, Technik- oder Stadtmuseen, kulturhistorische oder naturkundliche Häuser – Museen aller Sparten entwickeln Angebote, um der wachsenden gesellschaftlichen Vielfalt gerecht zu werden und neue Besuchergruppen anzusprechen.

Im Namen der Museen der Stadt Nürnberg lud das Memorium Nürnberger Prozesse im März Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Deutschen Historischen Museum ein, das seit mehreren Jahren spezifische Angebote für Besucherinnen und Besuchern mit Einschränkungen entwickelt. Die Gestalter Nadine Rasche und Werner Schulte präsentierten die von ihnen konzipierten Inklusiven Kommunikationsstationen. Sie erschließen die Sonderausstellungen für Sehbehinderte und Blinde, Hörgeschädigte und Gehörlose, für Personen mit Lernschwierigkeiten und Mobilitätsbeeinträchtigungen.

Inklusion

„Unser Ziel ist es, verschiedenen Besuchergruppen die gleichberechtigte Möglichkeit zu geben, die Ausstellungen selbständig zu erkunden“, erläuterte Werner Schulte. „Dazu haben wir am Eingang jedes Ausstellungsraums eine sechseckige Trommel angebracht, die auf jeder Seite die gleichen Informationen aufbereitet: in Brailleschrift, in einem Video mit Deutscher Gebärdensprache, in Leichter Sprache, auf Englisch und Deutsch.“

Prototyp der sechseckigen Trommel für die Inklusionsstationen.

Um den unterschiedlichen Ansprüchen zu genügen, werden die Inklusionsstationen bedarfsgerecht ergänzt – mit einem taktilen Leitsystem und einem Übersichtplan zur Ausstellung, der ertastet werden kann, durch Audiodeskriptionen, kontrastreiche Texttafeln und die Möglichkeit, mit einem Rollstuhl die Stationen zu erreichen.

Kommunikation und Interaktion

Die Stationen bieten jedoch mehr als bloße Informationen. „Die Besucherinnen und Besucher sollen miteinander ins Gespräch kommen, sich austauschen über ihre Wahrnehmungen“, so Nadine Rasche. „Deshalb gibt es Leitobjekte zum Anfassen oder Ausprobieren, zum Hören oder Riechen. Wir möchten alle Sinne ansprechen.“

Seit 2015 kommen die Inklusiven Kommunikationsstationen in den großen Sonderausstellungen des Deutschen Historischen Museums zum Einsatz. Dabei durchliefen die Gestalter einen Lernprozess. „Die Stationen haben wir im Austausch mit den Zielgruppen entwickelt. Durch ihre Rückmeldungen konnten wir unsere Angebote beständig optimieren. Wir lernen noch immer dazu“, betonen Nadine Rasche und Werner Schulte.

Teilhabe

Wie die Inklusiven Kommunikationstationen eingesetzt werden, erklärte die Museumspädagogin Friedrun Portele-Anyangbe: „Inklusion bedeutet Teilhabe. Das Museum verstehen wir als einen Ort, an dem historische und politische Sichtweisen diskutiert werden. Wir möchten möglichst alle Gruppen der Gesellschaft einladen, daran teilzunehmen.“

Partizipieren können die Besucherinnen und -besucher auf vielfältige Weise: an Mitmachstationen in den Ausstellungen, in Führungen, Workshops und Begleitveranstaltungen. Das Museum für alle ist jedoch mehr als ein Angebot für diejenigen, die Museen besuchen. Auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bedeuten die neuen Angebote Veränderungen. „Inklusion und Partizipation betreffen alle Bereiche des Museums“, so Friedrun Portele-Anyangbe. „Kuratoren, Sammlungsverantwortliche, Pädagogen, Aufsichtskräfte – alle sind gefordert, sich in ihrem Arbeitsbereich auf neue Sichtweisen einzulassen.“

Dass dies kein einfacher Prozess ist, verhehlten unsere Gäste aus Berlin nicht. Ihr Credo: einfach machen! Damit ermunterten sie ihre Zuhörinnen und Zuhörer, zu denen neben den Kolleginnen und Kollegen aus den Museen der Stadt Nürnberg auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Institutionen gehörten, die mit der Vermittlung betraut sind.

Brandneu in Kürze: Videoguide für Gehörlose im Memorium

Eine wichtige Neuerung auf dem Weg zu einem vielfältigen Inklusionsangebot in den Museen der Stadt Nürnberg haben wir gemacht: Im Juni stellt das Memorium Nürnberger Prozesse seinen Videoguide für Gehörlose vor. In Deutscher Gebärdensprache bietet er die Möglichkeit, die Ausstellung am historischen Ort der Nürnberger Prozesse in zwanzig Stationen selbständig zu erkunden.

Weitere Informationen über die Inklusionsangebote und zur Barrierefreiheit in den Museen der Stadt Nürnberg

Weitere Informationen über die Inklusionsangebote in den Ausstellungen des Deutschen Historischen Museums:
Ausstellung „Deutscher Kolonialismus. Fragmente seiner Geschichte und Gegenwart“
Ausstellung „Angezettelt. Antisemitische und rassistische Aufkleber von 1880 bis heute“
Ausstellung „Alltag Einheit. Porträt einer Übergangsgesellschaft“
Angebote für Blinde und Sehbehinderte

 

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