Aufbruch

Nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Stadt in Trümmern lag, konnte man sich in Nürnberg kaum vorstellen, wieder so unbeschwert wie früher Fasching zu feiern. Doch der Wille zum Neuanfang war stärker. Im Jahre 1952, genauer gesagt am 11.1. um 20.11 Uhr, wurde das erste Faschingsprinzenpaar der Nachkriegszeit feierlich inthronisiert. Ludwig Probst, Eigentümer der Nürnberger „Likörfabrik Probst“ und die 1948 zur Schönheitskönigin von Nürnberg gekürte Ruth Wilbert wurden bei ihren Auftritten umjubelt, wie kein Nürnberger Faschingsprizenpaar nach ihnen. Probst sammelte zahlreiche Dokumente und Utensilien dieser aufregenden Zeit.

Ausstellung 2004

52 Jahre danach widmete sich die Gemälde- und Skulpturensammlung diesem Thema in einer Ausstellung, die unter dem Titel „Fastnacht, Fasching, Karneval in Nürnberg“ im Museum Industriekultur gezeigt wurde. Anlass war die Schenkung der Sammlung Probst durch dessen Tochter, Barbara von Tucher, an die Museen der Stadt Nürnberg. Sie umfasst unter anderem Narrenkappe, Krönungsmantel, Krone und Szepter sowie die Kniegeige des Faschingsprinzen Ludwig Probst, ein Pagenkostüm aus Wams und Hose und 69 Faschingsorden der verschiedenen Vereine.

Faschingshochburg Nürnberg?

Die Nürnberger bezeichnen sich selbst gern als „Faschingsmuffel“. Und dennoch hat die Fastnacht hier eine lange Tradition: Der erste „Carnevals-Verein“ in Nürnberg wurde schon 1868 gegründet. Er stieß jedoch auf Widerstand beider Kirchen und wurde 1888 wieder aufgelöst. Ab 1900 und besonders nach dem 2. Weltkrieg entstanden hier aber eine Vielzahl von Karnevalsgesellschaften, die älteste, noch bestehende ist die „Alte Große Nürnberger Karnevalsgesellschaft 1904 e.V.“, die voriges Jahr also ihr 111-jähriges Bestehen feiern konnte! 16 Nürnberger Karnevalsgesellschaften sind im „Festausschuss Nürnberger Fastnacht“ organisiert. Der Festausschuss organisiert gemeinsame Veranstaltungen wie den Nürnberger Fastnachtsumzug und stellt zusammen mit der Stadt Nürnberg jedes Jahr das Nürnberger Prinzenpaar.

Die Umzüge haben in Nürnberg eine viel ältere Vorgeschichte: Schon im Spätmittelalter gab es in Nürnberg die sogenannten Schembartläufe, 1449 erstmals belegt. Neben einheitlich maskierten Gruppen und als wilde Männer und Teufel maskierten Einzelläufern gab es auch schon geschmückte Wagen. 1539 wurde dem närrischen Treiben Einhalt geboten. Zur selben Zeit hatte der Schuhmacher und Dichter Hans Sachs großen Erfolg mit seinen Fastnachtsspielen. Heute kümmert sich ein Förderverein Nürnberger Fastnachtszug um den Fortbestand der Tradition.

Das Vereinsleben der Faschingsgesellschaften konzentriert sich nicht nur auf die „5. Jahreszeit“. Durch die Geselligkeit der Mitglieder und aktive Jugendarbeit sind sie das ganze Jahr über ein wichtiger Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens in der Stadt.

Faschingsorden vom Valentinsball, Nürnberg, 14.2.1953. (Aus der Sammlung Probst)

Das Nürnberger Prinzenpaar 1952 und 2016

Das Prinzenpaar wird in der Regel im Januar, manchmal schon am 11.11., feierlich inthronisiert und regiert bis zum Ende des Faschings am Aschermittwoch. Symbolisch wird ihnen für diese Zeit der Rathausschlüssel überreicht. Prinz und Prinzessin haben natürlich einen Hofstaat und eine eigene Prinzengarde. So wie schon ihre Vorgänger von 1952, Prinz Karneval Ludwig I. von Pegnesien und Prinzessin Ruth I., die Liebliche, hat auch das heutige Prinzenpaar – Iris I. und Levent I. – einen vollen Terminkalender. Der prinzliche Faschings-Terminkalender von 1952 war 2004 in der Ausstellung zu bewundern.

Fasching 1952: Ludwig I., 1. Faschingsprinz der Nachkriegszeit.

Trinkspruch des Nürnberger Prinzen Karneval, Ludwigs I.:
„Ein feuchtes Schweigen ist besser als ein trockenes Gerede – deshalb lasst die Gläser klingen!“

Die „Gemälde- und Skulpturensammlung“ wurde 2013 mit der „Graphischen Sammlung“ zu den „Kunstsammlungen der Stadt Nürnberg“ vereint. Dr. Andreas Curtius ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Kunstsammlungen.
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