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8 / 5 / 2020

Krieg und Frieden – Fotografien von Ewgenij Chaldej

Das Entstehen, Verschieben und „Wiederentdecken“ einer Ausstellung

Heute vor 75 Jahren kapitulierte das Deutsche Reich bedingungslos. Damit war der Zweite Weltkrieg auf europäischem Boden beendet. Der deutsche Überfall auf fast ganz Europa und die jahrelange Besetzung kosteten weit mehr als 55 Millionen Menschen das Leben, zahlreiche Städte und Landstriche waren zerstört, viele Überlebende blieben mittellos und traumatisiert zurück.

Die Stadt Nürnberg plante, mit der Ausstellung „Krieg und Frieden – Fotografien von Ewgenij Chaldej“ an das Ende des Zweiten Weltkrieges zu erinnern. Am 14. Mai 2020 sollte sie in der Ehrenhalle des Rathauses eröffnen. Die Bilder würden erstmals in der Stadt in einer Fotoausstellung gezeigt werden. Dieses internationale Projekt entstand in Kooperation zwischen der Stadt Nürnberg und der Russischen Föderation und wurde vom Memorium Nürnberger Prozesse kuratiert. In Anbetracht der weltweiten Corona-Pandemie musste auch diese Ausstellung verschoben werden.

Dichter Ewgenij Dolmatowskij mit einer Trophäe in Form eines Hitlerskulpturkopfs, Berlin, 2. Mai 1945. Bildnachweis: Ewgenij Chaldej/ picture alliance/ ZB

Mit diesem Beitrag möchten wir nicht nur unser verschobenes Ausstellungsprojekt vorstellen, sondern auch einen Einblick in unsere Museums- und Ausstellungsarbeit ermöglichen.

„Diesen Anblick wirst du nie vergessen“ – Ewgenij Chaldej

Der sowjetische Fotograf Ewgenij Chaldej (1917-1997) zählt zu den bedeutendsten Fotografen des 20. Jahrhunderts. Seine Bilder bezeugen das verheerende Ausmaß des Zweiten Weltkrieges. Allein in der Sowjetunion fielen dem deutschen Eroberungs- und Vernichtungskrieg bis Kriegsende 1945 etwa 27 Millionen Menschen zum Opfer. Als offizieller Kriegsfotograf der Roten Armee hielt Ewgenij Chaldej verschiedene Schauplätze in der Sowjetunion fest, wie Murmansk, Sewastopol und Rostow am Don. Auch den Vormarsch der Roten Armee und die Einnahme von Städten wie Budapest und Wien fotografierte er. Schließlich machte ihn seine Aufnahme vom Hissen der sowjetischen Flagge auf dem Berliner Reichstag 1945 weltbekannt.

Nürnberg, 1945/46. Bildnachweis: Ewgenij Chaldej/ picture alliance/ ZB

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges erhielt er den Auftrag, nach Nürnberg zu reisen und die Stadt sowie den „Hauptkriegsverbrecherprozess“ zu fotografieren. Die Ausstellung schlägt einen Bogen von den Schauplätzen des Zweiten Weltkrieges in der besetzten Sowjetunion bis hin zur juristischen Aufarbeitung der deutschen Verbrechen in Nürnberg.

„Shutdown“ – Das kulturelle Leben steht still

Als wir Montag, dem 16. März 2020, vom „Shutdown“ erfuhren, waren wir kurz davor, unsere Ausstellung in Produktion zu geben. Das Konzept, die inhaltlichen Schwerpunkte und Objekte waren definiert. Nun sollte die Ausstellung auch praktisch umgesetzt werden. Eine der spannendsten Projektphasen stand uns bevor. In enger Zusammenarbeit mit unseren Gestaltern feilten wir am Ausstellungsdesign; den Stellwänden, Materialien, Farben und Lichtinstallationen. Im Anschluss daran würden Schreiner, Lackierer und Techniker das „Grundgerüst“ für die Ausstellung herstellen. Schließlich mussten jedoch unsere Planungen eingestellt werden. So auch unsere Vorbereitungen für die Bewerbung der Ausstellung, die Eröffnungsveranstaltung sowie das pädagogische Begleitprogramm.

An dieser Stelle sei allen Beteiligten; allen voran dem Rathaus der Stadt Nürnberg, der Botschaft der Russischen Föderation und dem Generalkonsulat in München, dem Nürnberger Gestaltungsbüro Koch sowie meinen Kolleginnen und Kollegen des Memoriums Nürnberger Prozesse für ihre bisherige Arbeit herzlich gedankt. Ein besonderer Dank für Ihr Vertrauen gilt der Leihgeberin und Tochter des Fotografen, Anna Y. Chaldej, sowie ihrem Unterstützer, Denis Puchkov.

Entwurf der Ausstellungsgestaltung (Ausschnitt). Bildnachweis: kochbüro – architektur innenarchitektur, Nürnberg

Wie geht´s weiter?

Der gesamte Kulturbetrieb steht vor neuen Herausforderungen. Auch wir versuchen nun verstärkt, unsere Besucherinnen und Besucher mit digitalen Angeboten zu erreichen und dadurch auch medial mit ihnen im Dialog zu bleiben. Den Besuch einer Ausstellung, das persönliche Erleben der präsentierten Ausstellungsgeschichte, sowie den Reiz und die Ausstrahlung des Originals können sie freilich nicht ersetzen. Im Moment schlummert „Krieg und Frieden – Fotografien von Ewgenij Chaldej“ in unseren Schubladen. Dennoch hoffen wir, diese Ausstellung doch noch zukünftig in Nürnberg zeigen zu können und mit seinen Bildern an das Ende des Zweiten Weltkrieges zu erinnern.

Aktuelle Informationen zur Ausstellung


Steffen Liebscher ist Historiker und wissenschaftlicher Mitarbeiter des Memoriums Nürnberger Prozesse

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