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6 / 3 / 2018

Wenn Elefanten zu Mücken werden

Wie Reisen um die ganze Welt den Blick des Fotografen Michael Runkel auf Nürnberg und Bayern verändert haben

Nase rausstrecken! Reisen!!! Das sagt einer, der es wissen muss: Michael Runkel hat alle Länder der Welt bereist und fotografiert. Vor kurzem ist der Nürnberger unter die fünf besten Reisefotografen der Welt gewählt worden. Seine schönsten Bilder stellt das Museum Industriekultur vom 15. März bis 1. Juli 2018 aus.

Michael Runkel sitzt auf gepackten Koffern. Schon wieder. Und irgendwie doch zum ersten Mal: Saudi-Arabien ist – eigentlich – „off limits“ für Touristen. Zutritt verboten. Aber mit einer Reisegruppe und Business-Visum geht es schließlich doch.

Anders als Urlaub

Urlaub sind diese Reisen für Michael Runkel nie. Meist hat er vier Kameras dabei, richtet seine Aufmerksamkeit auf mögliche Motive. Die erscheinen in internationalen Magazinen, gelegentlich „gehört“ Runkel auch ein Titelbild. Seine Bilder kann man bei Amazon als Poster kaufen, es gibt Kalender und ein jüngst erschienenes Buch „Meine Reisen an die Enden der Welt“. „Aber es ist nicht nur Arbeit, schön ist es natürlich auch“, sagt Michael Runkel. Seine Frau zum Beispiel, eine Amerikanerin, hat er in der Antarktis kennengelernt.

Ob Arktis, Nordkorea oder im afrikanischen Dschungel – Michael Runkel war praktisch schon überall und zählt zu den zehn meistgereisten Menschen der Welt. Dabei hat er viele abenteuerliche Erfahrungen gesammelt: Im Iran überlebte er ein Erdbeben, weil er schnell genug aus einem einstürzenden Haus floh. In Kamerun kenterte sein Boot in einem Fluss voller Krokodile. Von vorgehaltenen Gewehren, Autopannen im Niemandsland und durchwachten Nächten gar nicht zu reden. „Manche Sachen sind aber nicht so gefährlich, wie es sich anhört“, beschwichtigt der 48-Jährige. In 30 Jahren habe er so viele Erfahrungen gesammelt, dass er ein Gespür für brenzlige Situationen entwickelt hat.

Der Reisefotograf Michael Runkel. Bildnachweis: Michael Runkel

Lob der Heimat

Dennoch: Muss es mit diesem Hintergrund in Nürnberg nicht total langweilig sein? Michael Runkel winkt ab. „Nürnberg ist eine gute Stadt, nicht klein und nicht zu groß, sehr lebenswert mit toller Umgebung und auch kulturell interessant.“ Für ihn ist die Stadt Heimat – und ein sicherer Hafen, in den er immer wieder zurückkehrt.

„In Bayern ist die Welt relativ in Ordnung“, sagt er als einer, der die Nase schon weit hinausgestreckt hat und oft abseits der touristischen Trampelpfade unterwegs ist. Hier gibt es keine Erdbeben und Wirbelstürme, keine Flutkatastrophen und keine jahrelange Dürre. Alles, was zum Leben nötig ist, ist vorhanden – und man kann auch nachts auf die Straße gehen, ohne Angst, überfallen zu werden. Dafür dürfe man durchaus dankbar sein, findet Michael Runkel.

Danakil-Senke, Äthiopien. Im Geothermalgebiet Dallol lagern sich Mineralien in spektakulären, bunt leuchtenden Formationen ab. Die Becken sind hochgiftig und verändern sich ständig. Bildnachweis: Michael Runkel

Fotosafari mit Schülern

Was er in der Welt erlebt, gibt der Fotograf – der auch Lehrer am Labenwolf-Gymnasium ist– an seine Schüler weiter. Er unterrichtet unter anderem Geografie, wo er den Stoff des Lehrplans mit eigenen Bildern illustriert, und Fotografieren. Natürlich gehen seine Schüler in Nürnberg auf Fotosafari, aber vielleicht treibt es sie schon bald in die weite Welt.

Die eigene Erfahrung, davon ist Michael Runkel überzeugt, könnten noch so schöne Fernsehfilme und spannende Reisereportagen nicht aufwiegen, „weil die immer nur einen Ausschnitt zeigen“. Zum Beispiel die Pyramiden in Kairo: Auf Fotos stehen sie immer in der Wüste. In Wirklichkeit aber sei die Stadt bis an die Monumente herangewachsen und umschließe sie fast völlig. Bis auf den einen Foto-Blickwinkel …

Überhaupt, sagt Michael Runkel: „Wenn man nicht reist und anderen Kulturen begegnet – wie soll man dann lernen, Vorurteile abzubauen?“ Dabei ist nicht immer angenehm, was er anderswo erlebt. In Kamerun beispielsweise hätte er vor der allgegenwärtigen Korruption und der Aggressivität der Polizei fast kapituliert.

Papua Neuguinea. Bunt geschminkte Eingeborene beim Sing Sing Fest in Mount Hagen. Bildnachweis: Michael Runkel

Wie die Welt tickt

Gibt es denn Länder, die er aus politischen Gründen nicht bereisen würde? „Nein“, sagt Runkel bestimmt. Auch wenn er von Kamerun die Nase voll hat und auf die USA zurzeit keine große Lust. Er will Menschen begegnen – und für die politische Ausrichtung und korrupte Regimes solle man die Bevölkerung nicht haftbar machen. In Staaten wie Libyen oder Syrien sei es dem Großteil der Menschen im straff regierten Diktatoren-Staat besser ergangen als derzeit, in China hätten die Menschen kein solches Freiheitsdenken und -bedürfnis wie wir. „Die Welt tickt nicht so wie wir ticken oder wie wir es gern hätten“, sagt Michael Runkel.

Libyen. Die Ubari-Seen inmitten der Sanddünen. Bildnachweis: Michael Runkel

So viele Eindrücke und Erlebnisse haben den Fotografen eines gelehrt: Man darf sich selbst nicht so wichtig nehmen. Aus der Welt-Perspektive betrachtet jedenfalls, so darf man Michael Runkel getrost verstehen, schrumpfen viele unserer alltäglichen Probleme von Elefanten- auf Mückengröße.

Informationen zur Ausstellung „Reisen zu den Enden der Welt – Fotografien von Michael Runkel“

Buch: Michael Runkel „Meine Reisen an die Enden der Welt“, Frederking und Thaler, 34,99 Euro

Mehr sehen: www.michaelrunkel.com

Mehr lesen: blog.michaelrunkel.com

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