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16 / 1 / 2019

Der Reiz des Cosplay

Wo die Lust an Verkleidung auf phantastische Welten trifft

Sie ist schon vieles gewesen: fleischfressende Pflanze, Vamp und der verrückte Hutmacher aus Alice im Wunderland. Elli ist Cosplayerin und verwandelt sich mit Leidenschaft in Figuren aus Comics, Zeichentrickfilmen, Serien und Hollywood-Filmen.

Aber was ist das überhaupt, Cosplay? Diese Form des Verkleidens – im Begriff Cosplay verschmelzen die Worte costume und play, also Kostüm und spielen – kam Anfang der 1990er Jahre aus Japan nach Europa. Fans der Manga-Comics und der Anime-Zeichentrickfilme wollten ihre Helden und Heldinnen nicht nur anschauen und bewundern, sondern selbst in deren Haut und Charakter schlüpfen.

Ausgangspunkt Popkultur

„Es gibt einen Streit in der Szene, ob das Cosplay nicht doch aus den USA kommt“, berichtet Elli. „Dabei haben sich Menschen schon im Mittelalter verkleidet!“ Neu in der heutigen Zeit ist, dass sich die Kostüme explizit auf die Popkultur mit ihren phantasievollen Figuren beziehen. In einer Ausstellung über Cosplay, die Elli mit ihren Kommilitonen aus dem Studiengang Museologie in Leipzig auf die Beine gestellt hat, ist das deutlich zu sehen: Dolche aus Holz waren dort ausgestellt, aufwendige Kreationen mit Pelz und Tüll, natürlich auch die grelle Schminke und ein chaotischer Arbeitstisch mit Nähmaschine.

CosplayerInnen brauchen allerhand Materialien zum Anfertigen ihrer Kostüme. Foto: Martin Gundlach

Die 20-Jährige, die aktuell ihr Praxissemester im Deutschen Spielearchiv in Nürnberg absolviert, konnte praktische Erfahrung einbringen. Seit etwa fünf Jahren interessiert sie sich für Cosplay, ist dort unter dem Namen Erufu Elda unterwegs (Instagram: @erufu_elda) und hat sich in verschiedenen Rollen beispielsweise auf der Buchmesse in Leipzig oder der gamescom in Köln, der weltweit größten Messe für Computer- und Videospiele, präsentiert.

Zweckentfremdete Yoga-Matten

Einmal wurde es eng: Ein wichtiges Treffen der Cosplayer stand bevor, nur ihr Kostüm war nicht fertig. Wie formt man eine fleischfressende Pflanze? Ellis Eltern, die ihre Leidenschaft kennen, legten sich ins Zeug. Der Vater konstruierte ein Drahtgerüst für die ausladende Blüte, die Mutter besorgte Yoga-Matten als Bastelmaterial. Und dann wurde zugeschnitten, geklebt, genäht. „Ich habe nebenbei den Mantel gemacht, der war auch noch nicht fertig!“

Nicht alle von Ellis Kostümen sind eigenhändig gefertigt, aber viele. „Ich besorge Sachen, die es schon gibt und verändere sie.“ Denn wer Kostüme fertig im Handel kauft, muss tief in die Tasche langen. „Das ist ein teures Hobby.“ Perücken, Hüte, Knöpfe, Strümpfe, Schuhe – alles muss zueinander passen. Ja, sogar Rüstungen, die sich Comic-Zeichner ausgedacht oder Designer in Hollywood kreiert haben, bauen die Cosplayer nach.

Elli als Vampire Symmetra. Foto: AirhanPhotography

Gegenseitige Bewunderung

Der Reiz des Spiels mit fremden Rollen? „Es ist superschön, wenn einen die Leute erkennen oder man auf die eigenen Lieblingscharaktere trifft“, sagt Elli. „Einmal kam ein kleines Mädchen auf meine Freundin, die Elsa aus dem Animationsfilm „Frozen“ von Walt-Disney war, zu und hat gefragt: Kann ich dich umarmen?“

Die Cosplayerin ist oft mit Freundinnen unterwegs, die andere Figuren der gleichen Serie darstellen. Gemeinsam treten sie als Gruppe auf. Und natürlich spricht man andere mit Charakternamen an, spielt möglicherweise auch die Eigenarten oder die Sprache der eigenen Figur aus. „Müssen muss man aber gar nichts“, betont Elli. Sie knüpft Freundschaften auf solchen Treffen, von denen manche schon länger halten als der Kontakt zu den ehemaligen Schulkameraden. „Außerdem lerne ich Organisation und Zeitmanagement“, denn Reisen gehört zum Cosplay dazu.

Cosplayerinnen präsentieren sich auf der Leipziger Buchmesse. Foto: privat

Wer wird häufiger fotografiert?

Nicht alle Erfahrungen sind toll. Gelegentlich werden Elli und ihre Cosplay-Freunde als „Freaks“ beschimpft, wenn sie in Verkleidung durch den Bahnwaggon gehen. Dazu kommt der Druck: Wer hat das bessere Kostüm? Wer wird häufiger fotografiert? Wie weit soll man das Body-Shaping, die Formung des eigenen Körpers nach dem erdachten Vorbild, treiben?

Elli bleibt realistisch. „Ich bin 1,60 Meter groß, ich kann keinen Riesen darstellen.“ Ihre Charaktere sucht sie danach aus, wer ihr gefällt. Eine indische Architektin etwa, die für das Gute in der Welt kämpft, oder – weil sie Johnny Depp-Fan ist – den Hutmacher aus Alice im Wunderland. Perücke und Hut hat sie natürlich auch in Nürnberg dabei, die Posen fürs Foto sitzen.

Elli mit Perücke und Hut. Foto: Gabriele Koenig

Cosplay-Werkstatt im Spielearchiv

„Ich freue mich schon darauf, wenn ich älter bin und mehr Falten habe. Dann gibt es ein paar Sachen, die ich unbedingt machen will.“ Genauso wie das Dabeisein bei der Comi-Con International in San Diego und beim Star Wars-Cosplay zur Buchmesse.

Zunächst finden aber im Rahmen der Reihe „Testspiele“ einige Veranstaltungen zum Thema Cosplay im Haus des Spiels statt, in Kooperation mit Project Hive Gaming e.V.

Cosplay-Basteltreffen
Cosplay-Shooting-Treffen
Cosplay-Workshop

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