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7 / 11 / 2018

Auserlesenes von Pickert

Spurensuche nach Relikten der fabulösen Kunsthandlung

In Sachen Kunst war Pickert im 19. Jahrhundert eine „nicht ausser Acht zu lassende Sehenswürdigkeit“. Die Kunsthandlung von Abraham und Sigmund Pickert zog namhafte und hochwohlgeborene Kundschaft zuerst nach Fürth, ab 1858 dann nach Nürnberg in ihr opulent ausgestattetes Haus am Albrecht-Dürer-Platz.

„Ich bin im Geiste durch diese schwarz-weißen Räume gegangen“, sagt Ludwig Sichelstiel. Etwa 30 Fotografien aus dem großbürgerlichen Haus, das über Rittersaal und Galeriehof verfügte und im Krieg zerstört wurde, sind erhalten. Etwa zehn davon zeigen die Innenansichten – darunter Stücke, die aktuell im Besitz der Kunstsammlungen der Stadt Nürnberg sind. Auf deren Spuren hat sich Ludwig Sichelstiel gesetzt, denn der Museologe arbeitet an der Inventarisierung der Sammlung.

Ein Blogbeitrag zur Inventarisierung

„Chörlein“ über dem Eingang des Pickert-Hauses. Foto: Friedrich August Nagel um 1931

Wie ein Detektiv

Fast schon detektivisch ist die Suche nach der Herkunft vieler Objekte zu nennen. Dazu trägt bei, dass auch die Geschichte der Pickerts nur in groben Zügen bekannt ist: Abraham Pickert lebte mit seinen Söhnen Sigmund, Julius und Max in Fürth. Hier unterhielt die Familie eine „bedeutende“ Kunstsammlung und -handlung, die Geschäftsbeziehungen in ganz Deutschland aber auch nach England und bis an den russischen Zarenhof unterhielt.

Unter den erlauchten Besuchern des Antiquitätenkabinetts waren die Zarin Alexandra Feodorowna, die damals berühmte schwedische Sängerin Jenny Lind sowie Hans Freiherr von und zu Aufseß, der Gründer des Germanischen Nationalmuseums, Prinz Adalbert von Bayern und Henry Cole vom South Kensington Museum in London – dem heutigen Victoria and Albert Museum. Die langen Gästelisten befinden sich im Stadtarchiv Nürnberg.

Das „reiche Kabinet“

Nur wenig bekannt ist dagegen vom Inventar des „reichen Kabinets des Herrn Hofantiquar Pickert“, zu dem Abraham Pickert 1850 ernannt wurde, eine Auszeichnung die Sigmund Pickert 1872 erhielt. Rückschlüsse lässt vielleicht ein Brief zu, den Vater Abraham samt Zeichnung an einen Kunden nach Berlin schrieb. Pickert offeriert darin Kanne, Becher, Opalgläser und Kerzenleuchter sowie einen Krug „sehr schön, und gut erhalten und mit besonders lebhaften Farben. Es ist wohl nicht leicht, einen zweiten von solcher Schönheit zu finden“. Wie die Historikerin Barbara Ohm belegt, sollte der Krug 100 Taler kosten – so viel wie anderthalb Monatsgehälter des damaligen Fürther Bürgermeisters Bäumen.

Was die Kunsthändler 1858 zum Umzug nach Nürnberg bewog? Womöglich versprach sich Sigmund Pickert einen besseren Absatz in der größeren Stadt. Nach seinem Tod 1893 ging das Haus an seinen Bruder Max, dieser vererbte es an die Stadt Nürnberg.

Küche des Pickert-Hauses um 1932. Die museale Präsentation zeigt den Löwenanteil des, der Stadt Nürnberg vermachten Inventars. Anonyme Fotografie um 1932.

Fotos als Beweis

Der Rest der Pickert’schen Kunstsammlung wurde 1913 versteigert. Was im Haus blieb – Kücheninventar, Möbel und Einrichtungsstücke – wurde im Krieg sogar ausgelagert. Die vom Hochbauamt in den 1920er Jahren erstellten Inventarlisten sind erhalten, doch leider ungenau. So dass Ludwig Sichelstiel die Fotoserie, die nach der Renovierung des Hauses 1929/30 entstand, als Beweis für die Herkunft vieler bisher nicht identifizierter Objekte dienen musste.

Brunnen im Hof des Pickert-Hauses, die Brunnenfigur aus Bronze wird Benedikt Wurzelbauer zugeschrieben.

„Oft habe ich mir gewünscht, der Fotograf wäre nochmal um die Ecke gegangen“, berichtet er. Noch mehr sehen, Neues entdecken – das blieb dem Museologen bisher leider versagt. Immerhin: Es gibt etliche Objekte, die zweifelsfrei dem Pickerthaus zugeschrieben werden können. Das Bemerkenswerteste nach Meinung Sichelstiels ist die „Köchin“, eine flache, bemalte Aufstellfigur aus Holz, die eine Bürgersfrau beim Kochen zeigt und in ihrer Art in Deutschland eine Rarität ist. Aber auch die Benedikt Wurzelbauer zugeschriebene Brunnenfigur in einer Nische an der Treppe des Stadtmuseums im Fembo-Haus ist sehenswert und im Familiensaal befinden sich zwei Porträts gemalt von Lorenz Strauch, die aus der Sammlung Pickert stammen.

Die Brunnenfigur an ihrem heutigen Standort im Stadtmuseum im Fembo-Haus.

 

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Bildnachweis für alle historischen Fotos: Museen der Stadt Nürnberg, Kunstsammlungen

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