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4 / 5 / 2017

Keine Odyssee ohne Troubadour

Junger Island-Folk von Svavar Knútur im Stadtmuseum

Keine Odyssee ohne Troubadour … und keine Irrfahrt ohne eine Gefühlsachterbahn.

Svavar Knútur schickt sein Publikum gerne mal auf eine turbulente Reise in die eigene Gefühlswelt. Mit melancholischen Melodien und sanfter Stimme erzählt der Folklore-Musiker – teils auf Isländisch, teils auf Englisch – von den dunklen und eisigen Wintern seiner Heimat Island, aber auch von sanften Wogen der Hoffnung und den Freuden des modernen Lebens am Fjord. Dennoch kommt bei seinen Auftritten der Humor nicht zu kurz.

Svavar Knúturs Musik und Songtexte wurden von Kritikern vielfach gelobt. Für seine Bemühungen um die moderne isländische Volksmusik erhielt er als erster den Anna Pálina Árnadóttir memorial award. Der beliebte und weit gereiste Musiker – mittlerweile spielte er in Australien, USA., Kanada, Großbritannien und Europa – ist somit der geeignete Kandidat, um seine Segel zur Blauen Nacht im Stadtmuseum zu hissen.

In einem Interview spricht Svavar Knútur über Familie, Heimat und warum eine gute Performance nicht alles ist.

Der Troubadour Svavar Knútur. Bildnachweis: Lilja Friðþórsdóttir

Du hast bereits vier Alben veröffentlicht. Aber wie bist Du eigentlich zur Musik gekommen? War es Dein Traum, Musiker zu werden?

Seitdem ich ein Kind war, spielte Musik eine große Rolle in meinem Leben, aber ich wollte niemals Musiker werden. Eigentlich wollte ich Wissenschaftler, Arzt oder Philosoph werden, sogar Astronaut! Erst als ich bemerkte, dass meine Musik Menschen half, verfolgte ich diesen Weg ernsthafter. Ich fühlte das Verlangen, Perspektive, Trost und Liebe in das Leben anderer Menschen zu bringen.

Was würdest Du Leuten raten, die Dir sagen: „Hey Svavar, ich wäre auch gern Musiker!“?

Du solltest eine sehr gute Performance hinlegen; sicher sein, dass Du eine Botschaft an Dein Publikum hast und dann üben bis es weh tut. Spiele mit Deinem Herzen überall und für jedermann, egal ob jung oder alt. Dann bekommst Du vielleicht auch etwas zurück.

Gibt es schon nächste musikalische Pläne bzw. Projekte? Wo soll die Reise weitergehen?

Ich schreibe gerade an Liedern für mein neues Album. Außerdem arbeite ich in einer Theatergruppe in Gütersloh und einer weiteren in Island. Das Leben hält immer wieder neue und interessante Projekte für mich bereit.

Das Thema dieser „Blauen Nacht“ lautet „Odyssee“. Genau wie Odysseus reist Du auch viel umher. Fehlt Dir ab und an die „Heimat“ und was bedeutet eigentlich „Heimat“ für Dich?

Der beste Teil einer jeden Reise ist das Heimkommen. Manchmal fühlt es sich an, als wäre jede Reise nur ein riesiger, kosmischer Bungeesprung. Ich spüre ständig die Sehnsucht und das Verlangen nach meiner Familie sowie meinem Zuhause. Natürlich ist die Welt meine Heimat, im kosmischen Sinne. Aber dann gibt es noch mein echtes, „hobbitartiges“ Zuhause, wo meine Familie mit kuscheligen Decken und heißem Kakao auf mich wartet, und wo ich ihre wunderbar wohlige Wärme genießen kann.

Cover des Albums „my goodbye lovelies“. Bildnachweis: Gunnar Freyr Steinsson

Kann man diese Heimat in Deinen Liedern finden? Ist auch die Bühne ein Stück Heimat für Dich?

Ja, in der Tat ist diese Heimat, auf die eine oder andere Weise, in fast allen meinen Liedern zu finden: die Idee von Rückkehr, die Suche nach dem eigenen Weg, die Strapazen, einen sicheren Ort zu finden. Die Bühne ist allerdings nicht mein Zuhause. Sie ist vielmehr mein Raumschiff, mein Versuchslabor, eine Art Therapiestunde, in der ich mit der Welt interagiere, experimentiere, sie erforsche und zu einem besseren Ort machen möchte.

Wer oder was inspiriert Dich für deine Lieder? Wie verarbeitest Du diese Inspiration zu Musik?

Zum einen die Natur, meine Familie, aber auch meine inneren Konflikte spielen eine große Rolle. Wenn die Zeit gekommen ist, treten die Lieder ans Licht, ähnlich Kindern, die geboren werden. Ich versuche, ihnen dabei nur nicht im Weg zu stehen.

Hast Du vor Auftritten Lampenfieber?

Ich habe in dem Sinne kein Lampenfieber mehr. Aber jedes Mal, wenn ich die Bühne betrete, spüre ich diese Energie und immense Spannung, die jede Zelle meines Körpers durchdringt. Erst durch den Kontakt mit dem Publikum wird diese Anspannung gelöst. Es ist ein gutes Gefühl, es bedeutet, dass wir die Kraft haben, Gutes zu bewirken.

Was war das Peinlichste, das Dir auf einer Bühne je passiert ist?

Ein Nieser! Ich habe Mal während eines Liedes geniest. So was sollte nicht passieren und es war so peinlich! 😀

Jetzt haben wir Dich ja in das Stadtmuseum eingeladen. Spielst Du das erste Mal in einem Museum? Was war der schrägste Ort, an dem Du aufgetreten bist?

Es ist nicht das erste Mal. Tatsächlich gehören Museen wegen ihrer Energie und Geschichte zu meinen Lieblingsplätzen. Man kann die Seele dieser Orte förmlich spüren. Eine der verrücktesten Locations, in denen ich gespielte habe, war ein Heringsöl-Silo in einer alten verlassenen Heringsfabrik in den westlichen Fjorden Islands. Die Akustik war VERRÜCKT, und es war so dunkel und eigenartig. Ich habe es geliebt.

Das Fembo-Haus wird in der Blauen Nacht zur Bühne.

„A night with Svavar will bring you to hell and back, and you’ll be smiling and laughing all the way.”, das sagte einmal Pete Uhlenbruch, australischer Musiker und Musik-Blogger, über Dich. Würdest Du das so unterschreiben?

Ich würde es sofort unterschreiben. Genau dieses Gefühl möchte ich vermitteln. Wie bei einem Bungeesprung soll mein Publikum zunächst tief in den Abgrund stürzen, um seine tief verankerten Schmerzen zu erforschen, bevor es anschließend mit viel Freude und großem Gelächter zurückkehrt.

Informationen zur Blauen Nacht in den Museen der Stadt Nürnberg


Małgorzata Galazka studiert Kunstgeschichte und Theater- und Medienwissenschaft an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg. Derzeit absolviert sie ein Praktikum im Stadtmuseum im Fembo-Haus.

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