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24 / 9 / 2015

Ein Bunker für die Kunst

5 Fragen an Ralf Arnold

Sie lagerten 24 Meter tief im Berg, von Polizisten bewacht und durch eine Klimaanlage geschützt: Unwiederbringliche Kunstschätze wie die Reichskleinodien, der Globus von Martin Behaim oder der Engelsgruß von Veit Stoß überdauerten im Nürnberger Kunstbunker den Zweiten Weltkrieg. Der Förderverein Nürnberger Felsengänge macht das unterirdische Lager und die Geschichte des Wiederaufbaus mit Führungen zugänglich. Was das Besondere daran ist, Ralf Arnold, der Vorsitzende des Fördervereins.

Herr Arnold, wundern Sie sich, dass Menschen mitten im Krieg nicht an ihr eigenes Leben denken, sondern Kunst retten?
Einerseits ist das schon verwunderlich und auch einmalig: In keiner anderen Stadt gibt es einen Ort, wo eine Kaiserkrone im Bierkeller versteckt wurde! Keine andere Stadt in Deutschland hat das gemacht, erst als der Krieg schon fast verloren war, wurden noch Kunstwerke zum Beispiel in Salzbergwerke eingelagert – in Nürnberg ist man sehr planvoll schon zu Beginn des Zweiten Weltkrieges vorgegangen. Auf der anderen Seite finde ich nicht verwunderlich, dass die Kunst eine solche Rolle spielt. Wenn man heute auf Syrien schaut, ist die Betroffenheit fast größer, wenn alte Kulturgüter verschwinden, als wenn der Krieg tausende Menschenleben kostet. Das ist heute nicht anders als damals.

Was ist – aus Ihrer Sicht – das wichtigste Kunstwerk, das gerettet wurde?
Für die meisten sind es die Reichskleinodien aus Wien, die in Nürnberg eingelagert wurden. Unter den Kunstwerken war ja auch Raubkunst. Für mich persönlich das Großartigste ist der Marienaltar von Veit Stoß, der aus Krakau kam. Ich war schon zweimal dort und bin begeistert: Von Figuren auf deren Armen selbst die Adern zu sehen sind und dem Kreuz, das Veit Stoß aus einem einzigen Baumstamm geschnitzt hat.

Ralf Arnold. Foto: Uwe Kabelitz

Ralf Arnold. Foto: Uwe Kabelitz

Genauso wichtig wie die Kunst ist im Kunstbunker der Wiederaufbau. Was erzählen Sie bei den Führungen dazu?
Unser Thema ist der starke Zusammenhang beider. Dadurch, dass alle beweglichen Kunstschätze – Gemälde und Skulpturen, sogar Kirchenfenster – eingelagert wurden, konnte man beim Wiederaufbau Kirchen und Museen wieder einrichten wie vor dem Krieg. Architektonisch hat man in Nürnberg den mittelalterlichen Aufbau zum Vorbild genommen und heute sind wir heilfroh, dass wir eine historische Altstadt haben.

Warum ist es heute noch wichtig, sich das anzuschauen und sich zu erinnern?
Wer heute durch die Stadt läuft, könnte meinen, es ist alles wieder wie vorher und die Spuren der Nazi-Zeit sind verwischt. Wir stellen im Bunker bewusst Fotografien aus, die das Ausmaß der Zerstörung zeigen – diese trostlose Trümmerwüste, die Nürnberg war. Auch jüngere Menschen können nachempfinden, dass Krieg eine furchtbare Katastrophe ist. Zum anderen haben wir ein einen hohen Anteil von Besuchern aus Russland, England und den USA – sie können im Dreiklang von Kunstbunker, Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände und dem Memorium Nürnberger Prozesse aus verschiedenen Perspektiven erfahren, wie die Deutschen ihre Vergangenheit aufarbeiten: offen, aufrichtig und offensiv.

Beim Kunstbunker kooperieren die Stadt Nürnberg und der Förderverein Nürnberger Felsengänge. Die Keller gehören der Stadt, Sie bieten Führungen an. Welchen Stellenwert hat der Kunstbunker für den Förderverein?
Wir bieten außerdem Führungen durch die Kasematten, die Lochwasserleitung und die historischen Felsengänge an. Es ist schon so, dass die meisten Leute gern in die Bierkeller gehen mit anschließender Bierprobe. Nichtsdestotrotz ist der Kunstbunker ein sehr wichtiges, ernstes Thema. Wir haben die Ausstellung erst 2013 rundum erneuert und führen von Montag bis Donnerstag um 14.30 Uhr, freitags um 17.30 Uhr, samstags um 11.30, 14.30 und 17.30 Uhr sowie an Sonntagen um 11.30 und 14.30 Uhr. Ein Besuch lohnt sich!

www.felsengaenge-nuernberg.de

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